Empathie gillt vielerorts als Eigenschaft, als wichtiger Skill, den man unbedingt drauf haben sollte und gleichzeitig ist Empathie auch eine Haltung. Darüber hinaus verbinden wir mit Empathie, besonders warmherzige und freundliche Menschen. Wir sehnen uns förmlich nach empathischen Mitmenschen und Lebenspartner:innen, denn Empathie erscheint heilsam, gillt als Gegengift gegen Narzissmus und hält eine gute Verbindung zusammen. Gleichzeitig jedoch hat Empathie Risiken und Nebenwirkungen, die insbesondere in Beziehungen für Schwierigkeiten sorgen können. Welche das genau sind, erfährst du in diesem Artikel.
Warum haben Menschen so große Sehnsucht nach Empathie?
Empathie ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Empathie verbindet und fördert das Selbstverständnis. Von Natur aus sind Menschen soziale Wesen, die nach Verbindung und Beziehung zu anderen suchen. Empathie ermöglicht es uns, uns mit anderen zu verbinden und uns verstanden und akzeptiert zu fühlen. Gleichzeitig ermöglicht uns die Empathie anderer, ebenfalls uns selbst zu verstehen. Die Frage nach der Empathie ist zurecht zu einem puplärem Thema geworden, insbesondere wenn man sich die aktuelle Lage der Welt ansieht.
Seit der Digitalisierung versinkt die Welt zunehmend im Chaos. Empathie scheint tatsächlich eine Mangelware geworden zu sein. Aufrichtiges Interesse für die Gefühle anderer, scheint kaum noch vorhanden zu sein. Seitdem es Apps wie Tinder gibt, dreht es sich bei vielen Menschen fast nur noch um „Höher, schneller, weiter, attraktiver, besser“ Sympathisch, freundlich und höflich allein reicht oft nicht mehr aus. Und Nett ist tatsächlich die Schwester von Scheiße geworden, so scheint es. Dabei waren wir tatsächlich mal eine Gemeinschaft voller Menschen.
Wir alle waren mal ein Wir ohne größere innere oder äußere Mauern. Die Welt in der ein sowohl, als auch existierte, wurde ausgetauscht, in ein entweder oder. So ist zumindest mein Eindruck. Und dies ziehe ich aus vielen meiner Beratungen. Was sich mal liebte, begegnet sich nun folgendermaßen: Frisst oder Stirb! Er sagt sie ist toxisch. Sie sagt, er ist ein Narzisst. Und beide fühen sich angegriffen oder emotional missbraucht. Medizinisch begründen lässt sich das nicht, jedoch ist die Angst ein sehr mächtiges Gefühl, die jeden von uns etwas egozentrisch werden lässt.
Die Angst verletzt zu werden, ein Trigger oder das Gefühl etwas zu verpassen, führt häufig dazu, dass Menschen aufhören einander zuzuhören, dabei ist ein gutes Gespräch dasselbe wie gelebte Empathie. Du hast richtig verstanden. Empathie ist nicht nur ein Wort, sondern es bedeutet Leben. Und es bedeutet vor allem, dem anderen zuzuhören, ohne ständig alles auf sich zu beziehen. Klingelt da etwas bei dir?
Was ist Empathie genau?
Wie schon in der Einleitung angedeutet, lädt diese Frage zu kontroversen Diskussionen ein, denn so klar und eindeutig, wie er für so manch einen scheint, ist der Empathiebegriff nicht. Für den einen ist Empathie eine Fähigkeit die man ggf. sogar lernen kann, für den nächsten eine Charaktereigenschaft und für manch anderen eine Haltung oder Einstellung.
Der Ursprung des Wortes Empathie ist „Einfühlung“ und wurde in der Philosophie mit dem griechischen Wort „Empatheia“ gleichgesetzt. Bezogen war dieser Begriff auf die Interpretation von ästhetischer Musik, Kunst und Natur. Der deutsche Philosoph und Psychologe Theodor Lipps (1851-1914) war einer der Ersten, der sich mit beiden Begrifflichkeiten auseinander setzte.
Es folgten anschließend weitere Einflüsse, so auch die These von Freud, dass sich Empathie auf alles bezieht, was dem „Ich“ fremd ist, was also außerhalb des Selbst wahrgenommen wird und erkundet werden will. Empathie wurde für Freud zum Eckpfeiler seiner Psychoanalyse.
Die wohl bekannteste Definition von Empathie finden wir jedoch auf Wikipedia. Dort heißt es folgendermaßen: „Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Empfindungen, Gedanken, Motive und Persönlichkeits-merkmale einer anderen Person zu erkennen und zu verstehen. Gleichzeitig wird zur Empathie auch die angemessene Reaktion auf Gefühle anderer Menschen gezählt. Grundlage für die Empathie ist die Selbst-wahrnehmung – d.h. je offener man für de eigenen Gefühle und Emotionen ist, desto besser kann man sich in andere einfühlen.“
Erkennen, Verstehen, Handeln
Empathie besteht in der Tat aus drei Phasen ohne dass wir diese voneinander trennen. Zum einen umfasst Empathie, die Gedanken und Gefühle eines anderen Menschen zu erkennen und dann auch zu verstehen. Das heißt, wir nehmen einen Menschen wahr, wir sehen ihn, so wie er ist, ganz in seinem Zustand, in dem er sich gerade befindet.
Als nächstes folgt die Einordnung dessen, also das Verstehen, das Nachvollziehen können, was gerade beim anderen ist – was so gesehen gar nicht so einfach ist. Denn dafür bedarf es viel Aufmerksamkeit, um diese feinen Anzeichen zu bemerken, zu unterscheiden und zu verstehen. Ein bisschen ist das wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, denn hin und wieder irrt man sich auch.
Im dritten und letzten Schritt dann, geht es dann ums Handeln. Wie beeinflusst meine Warnehmung des anderen mein Handeln? Wie gehe ich mit all den Informationen um, die ich über meine Einfühlung in den anderen erhalten habe? Was will ich beim anderen mit meinem Handeln bewirken?
Prosozial oder Antisozial?
Die Frage nach dem Motiv unserer empathischen Handlung tut sich auf. Denn da gibt es große Unterschiede, die sich größtenteils unbewusst abspielen, jedoch auch teilweise bewusst ausgelebt werden können.
Handel ich empathisch, um dem anderen zu helfen? Oder Handel ich aus rein selbstbezogenen Gründen und Motiven? Will ich dass der andere sich besser fühlt, oder will ich mich durch „mein Helfen“ besser fühlen. Möchte ich dass mein Partner sich wohl und verstanden fühlt oder möchte ich einfach nur ein gutes Gewissen dabei haben? Kann es nicht auch sein, dass beides zusammen gehört und wir uns grundsätzlich besser fühlen, wenn wir anderen helfen?
Tun wir vielleicht mal nichts, um zu helfen, außer eben dem anderen einen Raum zu geben, so zu sein, wie er ist? Nichtstun, ist eine meist unterschätzte Form der Empathie. Denn wenn wir nichts tun, außer zuzuhören, geben wir dem anderen die Möglichkeit frei über sich zu sprechen. Wir ermöglichen dem anderen tief einzutauchen in die eigene Erlebniswelt, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen, solange wir ihm den Raum geben, den er gerade braucht.
Diese beiden Handlungsmuster gelten als prosozial, sind also im Sinne der Gemeinschaft und zum Wohl des anderen. Als antisoziales Handlungsmuster gilt dagegen, dass man das Wissen, was man erlangt hat, gegen den anderen verwendet, um ihn ggf. sogar zu manipulieren. Also wenn du deinem Partner aufmerksam zuhörst, bist du empathisch. Wenn du ihn mit dem, was du von ihm gehört hast, aufziehst oder es gegen ihn verwendest, dann handelst du antisozial.
Worauf sich Empathie bezieht
Geht es bei der Empathie eigentlich nur um das Leid des anderen, oder kann es sich bei der Empathie auch um die Freude des anderen drehen? Kann ich jemandem gegenüber empathisch sein, dem es schlechter geht als mir, oder kann ich Empathie auch bei Freude oder Erfolg zeigen? Bin ich ein Gönner oder bin ich missgünstig? Kann ich Anteilnehmen an den Errungenschaften meines Gegenübers? Hast du dir selber diese Fragen schon gestellt?
Aufrichtiges Mitfreuen setzt in gleichem Maße vorraus, was ich oben bereits erwähnt habe. Erkennen, Verstehen und danach Handeln. Es kann also kurz und knapp zusammen gefasst werden, dass sich Empahie auf alle Gefühle bezieht, also nicht bloß auf das Leid unserer Mitmenschen, sondern auch auf deren Freude. Und wenn du ehrlich bist, kannst du immer verstehen, warum sich Menschen über etwas freuen, was du vielleicht gar nicht so cool findest? Ich bin da ehrlich: Ich kann das nicht immer.
Empathie bezieht sich im Übrigen auf alle Menschen, auf Gruppen von Menschen und bestenfalls auch auf die ganze Gesellschaft. Empathisches Handeln beginnt beim Kontakt mit Einzelnen, also mit dem Nachbarn, mit dem Ehepartner, der Familie, mit der Verkäuferin im Supermarkt, auf den Zahnarzt der sich um deine Karies kümmert und so gesehen auch auf die Menschen, die deine Knöpfe drücken. Empathie ist im Grundegenommen auch als Synonym zu verstehen für Interesse am Gegenüber.
Empathisch zu sein heißt angemessen auf andere zu reagieren
Wenn wir uns auf die Definition von Wikipedia nochmal beziehen, derer sich viele Menschen in der Tat bedienen, darf die Frage gestellt werden, was denn nun eine angemessene Reaktion wäre auf den Ausdruck der Gefühle anderer? Wer definiert sowas? Und woran messen wir unsere Reaktion?
Im Buddhismus wird zum Beispiel davon ausgegangen, dass sich unser Geist in drei Stunden vom Normalzustand ins Aggressiveverändern kann. Diese Zustandsveränderung verläuft in drei Phasen:
- Anusaya: Der Geist ist frei von Agitation (Aktivivität). Alle Gedanken ruhen in uns. Von Außen ist keine Bewegung wahrzunehmen.
- Pariyuttana: Dieser Begriff beschreibt den Zustand des Geistes, wenn er die Stille durchbricht, sobald ein Gedanke auftaucht. Aggression baut sich auf und der Geist kommt in Wallung.
- Veethikkama: In diesem Zustand entstehen bekümmerte Gedanken, die sich schließlich auch in Worten und Taten ausdrücken. Körperliche und Emotionale Gewalt kennzeichnen diesen Zustand.
Laut der buddhistischen Lehre also, ist es ziemlich klar und eindeutig, dass wir alle diese drei Zustände kennen. Der Mensch befindet sich also in einem stetigen Wandel. Es gibt also laut dieser Lehre, keine schlechten Menschen, sondern nur schlechte Zustände.
Empathie gelingt besser, wenn der Geist entspannt ist
Ähnlich argumentiert die Polyvagaltheorie die von Dr. Stephen Porges entwickelt wurde. Sie beschäftigt sich mit den physiologischen und neurologischen Grundlagen menschlicher sozialer Interaktionen und emotionaler Regulation. Die Theorie postuliert, dass das autonome Nervensystem (ANS) eine zentrale Rolle bei der Steuerung unserer Reaktionen auf Stress und soziale Interaktionen spielt.
Die Polyvagaltheorie identifiziert drei Hauptzweige des vagalen Nervensystems, die in verschiedenen Situationen aktiviert werden:
- Ventrales Vagus: Dieser Zweig ist mit Entspannung und sozialer Bindung verbunden. Wenn er aktiviert ist, fühlen wir uns sicher und in der Lage, mit anderen in Verbindung zu treten. Dies geschieht in nicht-bedrohlichen sozialen Situationen.
- Sympathisches Nervensystem: Dieser Zweig ist für die „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion verantwortlich. Wenn wir uns in einer bedrohlichen Situation befinden, wird dieses System aktiviert, um unsere Überlebensfähigkeit zu steigern.
- Dorsales Vagus: Dieser Zweig ist mit der immobilen „Totstellreaktion“ verbunden. Wenn wir uns in einer extrem lebensbedrohlichen Situation befinden, kann dieser Zweig aktiviert werden und dazu führen, dass wir wie gelähmt wirken.
Die Polyvagaltheorie betont, dass die Fähigkeit zur sozialen Interaktion, zur Empathie und zur Regulation von Emotionen eng mit der Aktivierung des ventralen Vagus zusammenhängt. Wenn Menschen sich sicher und verbunden fühlen, sind sie besser in der Lage, mit Stress umzugehen und soziale Beziehungen zu pflegen und damit empathisch auf andere einzugehen.
Bereit für eine Selbsterkenntnis?
Jede Reaktion ist also im Grunde genommen nur ein zeitlich begrenzter Zustand. Solange wir das nicht verstehen, wird es uns schwer fallen gesunde Beziehungen zu führen. Ein Verständnis für die unterschiedlichen Zustände zu entwickeln, hilft uns dabei wirklich zu verstehen. Zu erkennen, dass unser Gegenüber möglicherweise nur dysreguliert ist, hilft uns dabei, uns abzugrenzen und seine Reaktionen nicht auf uns zu beziehen.
Erschwert wird der Erkenntnisprozess jedoch dadurch, dass man die Zustandsveränderung meistens nur beim gegenüber sieht und nicht bei sich selbst. Dadurch fühlen wir uns häufig von anderen verletzt, ohne zu bemerken, dass auch wir andere durch unser Verhalten verletzen. Und das hat jetzt gerade nichts mit Schuldumkehr zu tun, sondern mit Selbsterkenntnis.
Die 4 Parameter angemessener Reaktionen
Beziehen wir uns nochmal auf die Lehre des Buddhismus, dann können wir daraus schließen, dass Empathie auch nur eine Reaktion ist, also wie wir auf etwas reagieren. Es ergeben sich folglich 4 Parameter:
- Die eigenen Fähigkeiten: (Als Nichtschwimmer kann man keinen Ertrinkenden Retten, du kannst aber die Feuerwehr rufen)
- Das Umfeld: (Wenn du nicht schwimmen kannst, und kein Handy zur Hand hast, dann kannst du Ausschau nach einer Person halten, die schwimmen kann oder ein Handy zur Hand hat)
- Dein Wertesystem: (Du kannst vielleicht nachfühlen, wie es jemandem geht, wenn er für etwas einsteht, was ihm wichtig ist. Entspricht dies aber nicht deinen eigenen Werten, wirst du diese Person nicht dabei unterstützen, so sehr du diese auch verstehst)
- Mögliche Alternativen: (Vielleicht hast du dir schon folgende Frage gestellt: Heißt es, dass man nur dann empathisch ist, wenn man dem Hilfesuchenden so hilft, wie er sich das wünscht? Oder kann man seine Empathie nicht einfach so ausdrücken, dass man mit der Person lediglich spricht und ihr eventuell sogar zu einer neuen Einsicht zu verhelfen – so wie es im Übrigen in der Gesprächstherapie geschieht)
Für echte Empathie gibt es keine Alternative
Wenn es uns also gelingt gegenüber jedem Menschen empathisch zu sein, ganz gleich mit welchem Gefühl oder Gedanke, dieser uns konfrontiert, dann wird aus der Fähigkeit zur Empathie eine Haltung. Und da fängt das Drama häufig an. Denn wer kann und will schon jeden Menschen verstehen? Wer will einen Mörder verstehen? Einen Vergewaltiger? Oder die eigene narzisstische Mutter?
Ich kann durchaus verstehen, dass sich da für viele Menschen folgende Frage stellt: Wenn ich die Person verstehen kann, heißt es dann auch, dass ich das gut heiße? Ich glaube viele Menschen empfinden das so. Sie glauben, wenn sie Verständnis zeigen, dass sie damit das Verhalten auch billigen.
Und das heißt Empathie in der Tat tatsächlich nicht. Du musst nicht gut finden, was jemand tut – jedoch solltest du diese Person auch nicht verurteilen dafür, denn du weißt meistens nicht, in welchem Zustand sich die Person befand, als sie sich so verhielt. Buddha sagte dazu: Empathie heißt Verstehen. Empathie heißt jedoch nicht Zustimmung.
Ich möchte hiermal ein Beispiel geben: Veganer fühlen sich den Tieren verbunden, lehnen aber Menschen ab, die Tiere essen. So wird es zumindest von vielen Menschen verstanden, die sich von Veganern angegriffen fühlen. Ich verstehe die Haltung der Veganer jedoch nicht als Ablehnung meiner Person, sondern eher als Ablehnung meines Verhaltens. Sie lehnen es ab, dass ich Tiere esse. Und das kann ich gut verstehen.
Was Empathie nicht ist
Es wird im Internet viel gemunkelt und geplaudert, bezüglich Empathie und Nicht- Empathie. Es gibt Begrifflichkeiten die mit Empathie in Zusammenhang gebracht werden, die jedoch meines Erachtens wenig mit Empathie zu tun haben. Vielmehr sind es für mich Schutzbehauptungen, manche sicherlich aus der Not heraus gewählt. was mitunter auch ein Grund ist warum viele Betroffene bei schulmediznisch ausgebildeten Therapeuten sich nicht verstanden fühlen.
Populärwissenschaft, d.h. was die Aufklärungsszene zum Thema Empathie publiziert, steht im Psychologiestudium nicht auf dem Lehrplan. Und um jemandem einen Empathiemangel zu diagnostizieren, oder sich selbst Hochsensibilität zu attestieren bedarf es mehr als den Multiplichoice- Attributen aus einer Illustrierten.
Daraus folgt dann:
- Empathie ist kein Dauerzustand, aber eine Grundhaltung anderen Gegenüber
- Empathie ist nicht mit People Pleasing oder dem Helfersyndrom gleichzusetzen
- Empathie bedeutet nicht, seine eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen
- Empathie heißt nicht, ständig mit allen mitzuleiden
- Empathie bedeutet nicht, keine eigenen Entscheidungen zu treffen
- Empathie heißt nicht, stets Ja und Amen zu sagen und dabei zu lächeln
- Empathie ist kein Luxusgut, dass wir uns nur leisten können, wenn es uns gut geht
- Empathie ist nicht an Bedingungen gekoppelt
- Empathie bedeutet nicht hellseherisch zu wissen, was ein anderer will oder fühlt
- Empathie heißt nicht, nicht seine Meinung zu sagen, nur um nicht abgelehnt zu werden
- Empathie bedeutet nicht, niemals zu diskutieren
- Empathie ist nicht an Erwartungen geknüpft, ein anderer möge so handeln oder denken wie wir
Hochsensibilität und Empathie
Hoch bzw. Hypersensible Menschen können eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Reizen und Emotionen in ihrer Umgebung haben, sie können von Gefühlen und Emotionen überflutet werden und sie können sehr intensive Gefühle wahrnehmen, sowohl bei sich, als auch bei anderen. Häufig fällt es ihnen jedoch schwer zu unterscheiden, zwischen den eigenen Gefühlen und denen von anderen.
Empathie jedoch bezieht sich wie bereits beschrieben auf die Fähigkeit, die Emotionen, Gedanken und Perspektiven anderer Menschen zu verstehen und sich in sie hineinzuversetzen. Es geht darum, sich emotional auf andere einzustellen und Mitgefühl zu empfinden und eben auch zu unterscheiden. Menschen mit hoher Sensibilität können zwar besonders feine Nuancen in der Stimmung und den Bedürfnissen anderer wahrnehmen, was ihnen helfen kann, empathisch zu sein. Allerdings bedeutet eine erhöhte Sensibilität nicht zwangsläufig, dass jemand auch hochempathisch ist.
Darüber hinaus kann die Empathie hochsensibler Menschen auch von ihren eigenen emotionalen Bewertungen Reaktionen beeinflusst werden. Sie könnten stärker auf die Gefühle anderer reagieren, was sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann.
Zum Beispiel könnte sie leichter in Stress oder emotionale Erschöpfung geraten, wenn sie zu stark mit den Gefühlen anderer mitfühlen. Oder sie können sich übermäßig verantwortlich fühlen, für den anderen, sich somit anpassen und nicht mehr auf die eigenen Bedürfnisse achten, was dann so gesehen ja nicht mehr im Sinne der Empathie wäre.
Gelebte Empathie: Leben und leben lassen
Im täglichen Leben begegnet uns allen Empathie auf unterschiedliche Art und Weise. Und manchmal begegnen uns auch das Gegenteil davon. Wir alle kennen Menschen, die uns auf die Palme bringen, weil sie scheinbar unfähig sind, sich in andere Menschen hinein zu fühlen.
Es könnte die Verkäuferin sein, die uns Tipps gibt, ohne erfragt zu haben, ob wir einen haben wollen. Manchmal sind es auch taktlose Bemerkungen unseres Gegenübers, der nicht nachvollziehen kann, dass es uns kränkt. Und manchmal sind wir auch selbst diese Tippgeber und Ratschläger, gegenüber unseren Ehepartnern, Kindern und manchmal auch im Beruf.
Es kann sehr nervig und anstrengend sein, mit solchen Menschen zu tun haben, denen es scheinbar egal ist, wie andere sich dabei fühlen. Das kann die eigene Mutter sein, die sich keinen Kopf darüber macht, wie es dem Kind geht, wenn sie tut, was sie tut. Es ist häufig der Ex-Partner sein, der in der Trennungsphase nicht sehen kann, dass sich der andere nur um eine Lösung bemüht. Und es kann auch der Chef sein, der akribisch auf das Jahresziel hinausarbeitet, ohne zu bemerken, wie es dabei seinen Angestellten geht.
Verstehen statt Verurteilen
Jedoch sollte man vorsichtig sein, jetzt eine Ferndiagnose zu vergeben. Mir ist klar, dass viele Betroffene, insbesondere auf dieser Website bei Empathiemangel gleich von Narzissmus sprechen. Und das ist durchaus verständlich.
Jedoch kann Empathiemangel auch andere Gründe haben, und zwar welche, die wir nicht verstehen können, weil auch wir dahingehend keine Empathie für aufbringen wollen oder können. Statt zu urteilen, könnten wir also auch mal hinfragen, weswegen die Person (gerade) nicht in der Lage ist empathisch zu sein.
Es gibt tatsächlich Menschen denen es schwer fällt, sich in andere einzufühlen, Menschen die nicht gelernt haben über ihre eigenen Gefühle zu sprechen oder Menschen die aufgrund von Überforderung eine große Ohnmacht empfinden und daher manchmal nicht im Stande sind etwas passendes in einer solchen Situation zu sagen. Und wer weiß… vieleicht warst du auch schon in so einer Situation, wo du nicht wusstest, wie du dich verhalten solltest?
Narzissmus und Empathie
Und dennoch möchte ich das Thema Narzissmus in diesem Zusammenhang einmal aufgreifen. Denn populärwissenschaftlich werden Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung immer mit dem Psychopathen auf eine Stufe gestellt. Bei Psychopathen sagt man, dass keine Empathie vorhanden ist. Bei Narzissten jedoch sieht das tatsächlich etwas anderes aus. Bei Narzissten sprechen wir eher vom Mangel an Empathie.
In der Tat ist es so, dass Narzissten viel über sich selbst nachdenken. Das tun sie aber nicht, weil ihnen andere komplett egal sind, sondern weil sie Angst haben vor Verletzungen. Narzissten sind darauf bedacht, sich vor Angriffen anderer zu schützen. Sie beziehen wie jemand, der paranoid ist, alles auf sich. Wie können Sie also, wenn Sie alles auf sich beziehen, über andere nachdenken?
Nichts desto trotz glaube ich schon, dass die grundlegende Fähigkeit zur Empathie bei Narzissten schon angelegt ist. Aufgrund ihrer Unfähigkeit sich abzugrenzen jedoch, fühlen sie sich von den Gefühls- und Bedürfnisäußerungen anderer oft angegriffen – was dazu führt, dass sie andere eben deswegen abwerten.
Entgegen der Populärwissenschaftlichen Aufklärerszene jedoch halte ich an den Zahlen fest, die die Wissenschaft vorgibt. Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung sind sehr sehr selten. Und nicht jeder, der Schwierigkeiten hat sich in andere einzufühlen, ist gleich deswegen ein Narzisst. Empathie ist meistens eben sehr unterschiedlich ausgeprägt, so wie Menschen eben auch sehr verschieden geprägt sind.
Die eigene innere Landkarte
Dass Menschen verschieden sind, war dir sicherlich durchaus bewusst. Und Nein, es ist nicht nur eine Floskel. Es ist jedoch eine Tatsache, die wir oft vergessen. Denn wir alle stammen aus unterschiedlichen Leben, Lebenssituationen und Familien. In jeder Familie herrscht ein anderer Ton, eine andere Tradition und in jede Tradition hat eigene Werte. Daraus resultierend handelt also jeder Mensch komplett anders, weil er ganz unterschiedliche Überzeugungen in sich trägt, von denen er ausgeht.
Und so entstehen häufig sogenannte Mikrokonflikte, die letzlich daraus resultieren, dass jeder Mensch eine eigene innere Landkarte in sich hat, aus welcher er agiert. Diese Landkarte enthält erstmal alles, was wir für „wahr“ halten, also was wir für die „richtige“ Welt halten. Jeder Mensch lebt also aus einer komplett eigenen Wahrnehmung heraus.
Im NLP gibt es zur inneren Landkarte eine sehr treffende und für mich passande Grundannahme: „Menschen orientieren sich bei ihrem Handeln, immer an ihrer geistigen Landkarte, nicht an der Welt selbst. Menschen reagieren nicht auf die Realität, sondern auf ihr Abbild der Realität.
Genau genommen stammt das Modell der inneren Landkarte aber von Paul Watzlawik.
Der Konstruktivismus nach Paul Watzlawik
Der Konstruktivismus nach Paul Watzlawick ist eine Theorie, die sich hauptsächlich mit der menschlichen Kommunikation und der Kunst und Weise, wie Menschen die Realität konstruieren, befasst. Paul Watzlawick war ein österreichisch-amerikanischer Psychotherapeut und Kommunikationswissenschaftler, der in den 1960er und 1970er Jahren einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der Kommunikationstheorie leistete.
So kam Watzlawik zu einigen Erkenntnissen, die ich an dieser Stelle mit dir teilen möchte.
- Realität ist konstruiert: Watzlawick argumentierte, dass die Realität nicht objektiv existiert, sondern von Menschen durch ihre Wahrnehmung, Interpretation und Kommunikation konstruiert wird. Menschen interpretieren die Welt um sie herum basierend auf ihren eigenen Erfahrungen, Annahmen und Überzeugungen.
- Kommunikation ist entscheidend: In der konstruktivistischen Sichtweise ist Kommunikation der Schlüssel zur Konstruktion von Realität. Menschen Sprache, nonverbale Signale und andere Kommunikationsmittel nutzen, um ihre Vorstellungen von der Welt auszudrücken und mit anderen zu teilen.
- Kommunikationsstörungen: Watzlawick betont, dass Missverständnisse und Probleme in der zwischenmenschlichen Kommunikation oft aufgrund von Störungen oder Fehlern in der Art und Weise, wie Informationen übertragen und interpretiert werden, auftreten. Er untersuchte diese Störungen und formulierte das Konzept der „analogischen“ und „digitalen“ Kommunikationsebenen.
- Kontextabhängigkeit: Watzlawick betont, dass die Bedeutung von Kommunikation stark von ihrem Kontext abhängt. Das bedeutet, dass eine Nachricht in verschiedenen Situationen unterschiedlich interpretiert werden kann.
Der Konstruktivismus nach Paul Watzlawick hatte einen erheblichen Einfluss auf die Bereiche der Psychotherapie, der Familientherapie und der Kommunikationswissenschaft. Er half, ein tieferes Verständnis und somit auch Empathie dafür zu entwickeln, wie Menschen miteinander kommunizieren und wie diese Kommunikation die Kunst und Weise beeinflusst, wie sie die Welt um sich herum wahrnehmen und konstruieren.
Die Sechs Säulen der Empathie
Die „Säulen der Empathie“ sind ein Konzept, das von Roman Krznaric in seinem Buch „Empathy: Why It Matters, and How to Get It“ vorgestellt wurde. Krznaric argumentiert, dass Empathie eine wichtige soziale Fähigkeit ist, die zur Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen und zur Lösung sozialer Probleme ermöglicht. Er identifiziert sechs Säulen der Empathie, die dazu beitragen, Empathie zu entwickeln und zu fördern:
- Perspektivenübernahme: Diese Säule bezieht sich auf die Fähigkeit, sich in die Perspektive anderer Menschen hineinzuversetzen und die Welt aus ihrer Sicht zu sehen. Dies erfordert, sich aktiv vorzustellen, wie es wäre, in den Schuhen einer anderen Person zu stehen, und ihre Gedanken, Gefühle und Erfahrungen zu verstehen.
- Urteilsfreiheit: Urteils bedeutet Freiheit, die Versuchung zu vermeiden, andere Menschen aufgrund ihrer Meinungen, Lebensweisen oder Erfahrungen zu verurteilen. Empathie erfordert ein offenes und tolerantes Denken, das die Vielfalt der menschlichen Erfahrungen respektiert.
- Emotionales Verständnis: Diese Säule beinhaltet die Fähigkeit, die Emotionen anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und auf sie zu reagieren. Es erfordert, dass wir unsere eigenen Gefühle mit den Gefühlen anderer in Einklang bringen und Mitgefühl für ihre Emotionen zeigen.
- Verständnis der Bedürfnisse anderer: Empathie beinhaltet die Fähigkeit, die Bedürfnisse und Wünsche anderer zu erkennen und zu berücksichtigen. Dies ermöglicht es, angemessen auf diese Bedürfnisse zu reagieren und zu unterstützen.
- Kommunikation: Empathie erfordert eine effektive Kommunikation, bei der wir aktiv zuhören und unser Verständnis für die Gefühle und Bedürfnisse anderer ausdrücken. Dies umfasst die Fähigkeit, Fragen zu stellen, um mehr über die Erfahrungen anderer zu erfahren, und die Verwendung empathischer Sprache.
- Engagement: Diese Säule bezieht sich auf die Bereitschaft, aktive Empathie in Handlungen umzusetzen. Es geht darum, sich für andere einzusetzen, um ihnen zu helfen oder positive Veränderungen herbeizuführen, wenn dies angebracht ist.
Empathie in Beziehungen: Der Wunsch endlich verstanden zu werden
Das Thema Sehnsucht nach Empathie führt uns alle unweigerlich zum Wunsch verstanden zu werden. Vielmehr beobachte ich jedoch, dass da eine gewisse Erwartungshaltung ist, dass die anderen uns unbedingt verstehen müssen, genauso wie die anderen uns Recht geben müssen.
Insbesondere in Beziehungen ist dieses Egospielchen häufig zu beobachten. Wir alle sehen uns nach Aufmerksamkeit, nach Bestätigung. Statt unseren Wunsch danach in Worte zu fassen, saugen wir fast schon wie ein gieriger Hund am Empathie- Hahn unseres Gegenübers. Am Ende dann kriegen wir den Mund nicht voll und unterstellen unserem gegenüber auch noch, Empathiemangel, Desinteresse und Unverständnis, oftmals noch ausformuliert mit dem Killerargument „Nie verstehst du mich“.
Kennst du diesen Dramamodus von dir auch? Und Falls ja, kannst du dich ja mal hinterfragen: Muss das wirklich sein? Und Falls du sagst… Manchmal muss das so sein, dann bitte ich dich eindringlich darum: „Bitte übertreib es nicht“, denn die Erwartung verstanden zu werden, mit dem gleichzeitigen Vorwurf, dass der andere es eh nicht tut, beschwört Dramen herauf, die man sich eigentlich schenken kann.
Typische Empathiekiller
Im Gegensatz zur Empathie, die dem Zuhörenden und Sprechendn jeweils etwas gibt, stehen folgende Attribute, welche übrigens auch populärwissenschaftlich der narzisstischen Sprache zugeordnet werden. In dem Fall wird dem Gegenüber nichts gegeben. Stattdessen wird aber ganz viel verlangt. Wissenschaftlich betrachtet bezeichnet man so „Kommunikationssperren“, ein Begriff, den Thomas Gordon, ein bekannter Psychologe und Pionier von Kommunikationstrainings und zwischenmenschlichen Fähigkeiten geprägt hat.
Er entwickelte das „Gordon-Modell“ der Kommunikation, das auch als „Thomas Gordon-Modell“ bekannt ist. In seinem Modell identifizierte er verschiedene Hindernisse, die effektive zwischenmenschliche Kommunikation negativ beeinflussen können. Hier sind einige der Hauptkommunikationssperren nach Thomas Gordon:
- Beurteilung und Kritik : Wenn Du andere beurteilst oder kritisieren, können diese sich verteidigen oder sich zurückziehen. Dies behindert eine offene und konstruktive Kommunikation.
- Ratschläge erteilen : Das Geben von Ratschlägen, auch wenn sie gut gemeint sind, kann dazu führen, dass sich die andere Person bevormundet oder nicht ernst genommen fühlt.
- Befehle und Anweisungen : Das Geben von Anweisungen kann in vielen Situationen angemessen sein, aber in einer zwischenmenschlichen Kommunikation kann dies als Kontrollversuch wahrgenommen werden.
- Logisches Argumentieren : Wenn Du versuchst, deine Position durch logische Argumentation zu verteidigen oder zu überzeugen, kann dies in Konflikten und Verteidigungshaltung resultieren.
- Abwehrreaktionen : Wenn Du dich verteidigst oder rechtfertigst, anstatt auf das Gesagte der anderen Person einzugehen, kann dies die Kommunikation blockieren.
- Sich selbst verteidigen : Das Selbstverteidigen kann zu einem Ping-Pong-Spiel führen, bei dem beide Parteien versuchen, ihre Standpunkte zu verteidigen, anstatt zuzuhören und zu verstehen.
- Verneinung von Gefühlen : Das Leugnen oder Bagatellisieren der Gefühle einer Person kann dazu führen, dass sie sich nicht verstanden oder nicht ernst genommen fühlt.
- Rechtfertigung : Sich selbst zu rechtfertigen oder Gründe zu nennen, warum Sie so gehandelt haben, kann dazu führen, dass die andere Person das Gefühl hat, dass ihre Gefühle und Bedürfnisse nicht wichtig sind.
- Ablenkung : Wenn Du das Thema wechselst oder von der eigentlichen Konversation ablenkst, kann dies dazu führen, dass wichtige Probleme nicht angegangen werden.
- Sterilisierung von Gefühlen : Das Abtrennen oder Unterdrücken von Gefühlen kann dazu führen, dass die Kommunikation oberflächlich wird und wichtige emotionale Aspekte nicht berücksichtigt werden.
Thomas Gordon betont stattdessen eine kommunikative Herangehensweise, die auf aktivem Zuhören, Verständnis, Einfühlungsvermögen und dem Ausdruck von Gefühlen basiert. Sein Modell fördert eine respektvolle, nicht wertende Kommunikation, bei der beide Parteien ihre Bedürfnisse und Gefühle ausdrücken können, ohne auf Kommunikationssperren zu stoßen.
Darüber hinaus gibt es einige Zustände in uns, die es uns erschweren empathisch auf andere einzugehen, so zum Beispiel:
- Eifersucht
- Wunsch nach Perfektion
- Ein Leben in der Komfortzone – Darauf bestehen Recht zu haben
- Misstrauen
- Über andere Lästern und diese Verurteilen
- Selbstzweifel
- Rastlosigkeit (Die Suche nach dem ewigen Glück)
Wer aktiv zuhört, der versteht
Um mit einer anderen Person in einen guten Kontakt zu kommen und um empathisch zu kommunizieren sind laut Thomas Gordon folgende Punkte in einer Unterhaltung zu beachten:
- Augen bzw. Blickkontakt
- achtsames und aufmerksames zuhören
- gezieltes, interessiertes nachfragen
- Wertfreiheit (Neutralität) – radikale Akzeptanz dessen, was der andere gesagt hat
- spiegeln (ggf. wiederholen, was der andere gesagt hat)
- offene, wertschätzende Haltung (wie man dem anderen gegenüber tritt)
- Gefühle verbalisieren und ggf. auch zum Ausdruck bringen
- Kongruenz bzw. Authentität (Echtheit im Kontakt)
- innerer Frieden, mit sich selbst im Reinen sein
Im Übrigen war Thomas Gordon ein Schüler von Carl Rogers, dem Erfinder und Begründer der Klientenzentrierten Gesprächstherapie.
Empathie als Haltung nach Carl Rogers
Empathie als Haltung nach Carl Rogers ist ein wesentlicher Bestandteil seiner humanistischen Psychotherapie, die als Personzentrierte Therapie bekannt ist. Carl Rogers war ein einflussreicher Psychologe und Psychotherapeut, der die Bedeutung von Empathie in der therapeutischen Beziehung und in zwischenmenschlichen Beziehungen insgesamt hervorhob.
Empathie als Haltung nach Carl Rogers beinhaltet:
- Einfühlendes Verstehen: Der Therapeut (oder eine Person in einer zwischenmenschlichen Beziehung) bemüht sich aktiv darum, die Welt aus der Perspektive des anderen zu verstehen. Dies erfordert, die Gefühle, Gedanken und Erfahrungen der anderen in ihrer Einzigartigkeit zu erfassen, ohne zu bewerten oder zu interpretieren.
- Unbedingte positive Wertschätzung: Dies bedeutet, dem anderen bedingungslos positiv und wertschätzend gegenüberzustehen. Es geht darum, die Person so anzunehmen, wie sie ist, ohne zu urteilen oder zu verurteilen. Diese bedingungslose Akzeptanz schafft ein unterstützendes und vertrauensvolles Umfeld.
- Kongruenz oder Echtheit: Der Therapeut zeigt sich authentisch und offen in der Beziehung. Dies bedeutet, dass er seine eigenen Gefühle und Gedanken angemessen ausdrückt und nicht versucht, eine Maske aufrechtzuerhalten.
Die Empathie als Haltung ist nicht nur auf die Therapie beschränkt, sondern kann auch in anderen zwischenmenschlichen Beziehungen angewendet werden. Rogers glaubte, dass diese empathische Haltung dazu beitragen könne, das Selbstwertgefühl und das Wachstum der Person zu fördern. Wenn Menschen in ihrer Umgebung empathisch behandelt werden, fühlen sie sich verstanden, angenommen und unterstützt, was zu positiven Veränderungen und einem besseren Selbstverständnis führen kann.
In der Personzentrierten Therapie wird die empathische Haltung des Therapeuten als eine der wichtigsten Voraussetzungen für den therapeutischen Erfolg angesehen. Durch die empathische Verbindung zwischen Therapeut und Klient können emotionale Blockaden gelöst, Selbstakzeptanz gefördert und persönliche Wachstumsprozesse initiiert werden.
Die Unterschiedlichen Formen der Empathie
Im Internet ist von vielen verschiedenen Empathieformen die Rede. Es wird von warmer Empathie gesprochen und von kalter Empathie. Es gibt wissenschaftlich betrachtet jedoch keine allgemein anerkannte oder eindeutige Klassifikation der verschiedenen Formen der Empathie. Viele Forscher und Psychologen haben jedoch unterschiedliche Aspekte der Empathie untersucht und versucht, sie zu kategorisieren. Hier sind einige der häufigsten Formen der Empathie, die in der psychologischen Literatur diskutiert werden:
Kognitive Empathie
Kognitive Empathie, auch bekannt als „Theory of Mind“ (ToM) oder „mentale Empathie“, bezieht sich auf die Fähigkeit, die Gedanken, Überzeugungen, Absichten und andere Emotionen Menschen zu erkennen, zu verstehen und zu interpretieren. Es geht darum, sich in die mentale Welt einer anderen Person hineinversetzen zu können, um ihre Perspektive besser zu verstehen, ohne notwendigerweise die gleichen Emotionen zu empfinden. Aufgrund der fehlenden Übernahme der Gefühle anderer, wird die kognitive Empathie oft fälschlicherweise mit der kalten Empathie gleichgesetzt.
Kognitive Empathie beinhaltet das aktive Zuhören, das Lesen von Körpersprache, das Erkennen von nonverbalen Hinweisen und das Fähigsein, sich in die Lage einer anderen Person hineinzuversetzen, um deren Standpunkt und Denkweise zu verstehen. Diese Fähigkeit kann in verschiedenen Bereichen nützlich sein, wie zum Beispiel in der Psychologie, der kognitiven Verhaltenstherapie, der zwischenmenschlichen Kommunikation, der Beratung und in zwischenmenschlichen Beziehungen, da sie dazu beitragen, Konflikte zu lösen, Empathie zu zeigen und effektiver zu kommunizieren.
Emotionale Empathie
Emotionale Empathie bezieht sich auf die Fähigkeit, die Gefühle und Emotionen anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und mit ihnen mitzufühlen. Anders als kognitive Empathie, bei der es darum geht, die Gedanken und Perspektiven anderer Menschen zu verstehen, geht es bei emotionaler Empathie darum, sich in die emotionalen Zustände anderer Menschen hineinzuversetzen und deren Gefühle auf eine Weise zu erleben, als wären sie unsere eigenen. Emotionale Empathie wird häufig mit Mitgefühl gleichgesetzt.
Hier sind einige häufige Weisen, wie emotionale Empathie zum Ausdruck kommen kann:
- Einfühlsames Zuhören: Ein empathischer Mensch hört aufmerksam zu, wenn jemand über seine Gefühle spricht, und zeigt Interesse an den erlebten Emotionen. Sie stellen Fragen, um das Gesagte besser zu verstehen, und geben Feedback, um zu zeigen, dass sie es verstanden haben.
- Körperliche Signale: Emotionale Empathie kann sich auch in nonverbalen Signalen zeigen. Zum Beispiel können Menschen, die emotional empathisch sind, ähnliche Gesichtsausdrücke, Gesten und Körperhaltungen wie die Person annehmen, deren Emotionen sie nachempfinden.
- Einfühlungsvermögen: Emotionale Empathie beinhaltet die Fähigkeit, sich in die Lage einer anderen Person zu versetzen und ihre Gefühle aus ihrer Perspektive zu betrachten. Empathische Menschen versuchen, die Welt durch die Augen der anderen zu sehen.
- Unterstützung und Trost: Wenn jemand in Not ist oder starke Emotionen erlebt, zeigt emotionale Empathie sich oft in der Bereitschaft, Unterstützung anzubieten und Trost zu spenden. Dies kann in Form von tröstenden Worten, physischer Umarmung oder einfachem Dasein geschehen.
- Hilfsbereitschaft: Empathische Menschen sind oft bereit, anderen in schwierigen Zeiten zu helfen, sei es durch praktische Unterstützung oder emotionale Unterstützung.
- Vermeidung von Urteilen: Emotionale Empathie geht oft einher mit einer Zurückhaltung, über die Gefühle anderer zu urteilen. Empathische Menschen akzeptieren die Emotionen anderer ohne Vorurteile und Kritik.
- Teilen eigener Emotionen: In einigen teilen empathische Menschen auch ihre eigenen Emotionen, um sich mit anderen zu verbinden oder zu zeigen, dass sie ähnliche Gefühle erlebt haben.
Soziale Empathie
Die soziale Empathie bezieht sich auf die Fähigkeit, sich in soziale Situationen hineinzuversetzen und die sozialen Signale, Erwartungen und Normen zu verstehen. Es hilft, angemessen auf soziale Interaktionen zu reagieren.
Hier sind einige Arten, wie sich soziale Empathie äußern kann:
- Erkennen von sozialen Signalen: Soziale Empathie zeigt sich oft darin, dass der Mensch die nonverbalen Signale anderer Menschen erkennt und interpretiert. Dies kann Gesichtsausdrücke, Körpersprache, Tonfall und andere Hinweise umfassen.
- Antizipieren von Bedürfnissen: Empathische Menschen sind oft in der Lage, die Bedürfnisse und Wünsche anderer Menschen zu antizipieren, ohne dass diese explizit zum Ausdruck gebracht werden. Sie erkennen beispielsweise, wenn jemand Unterstützung benötigt, auch wenn die Person nicht darum gebeten wird.
- Empathisches Sprechen: Soziale Empathie kann sich in der Kunst und Weise zeigen, wie jemand spricht. Empathische Menschen wählen ihre Worte sorgfältig aus, um die Gefühle und Bedürfnisse anderer zu berücksichtigen. Sie vermeiden es, verletzende oder unangemessene Bemerkungen zu machen.
- Empathisches Handeln: Empathische Menschen handeln oft auf eine Weise, die das Wohl anderer fördert. Dies kann bedeuten, dass sie sich freiwillig für Aufgaben melden, den anderen zu helfen, oder sich in sozialen Situationen für Gerechtigkeit einzusetzen.
Globale Empathie
Globale Empathie bezieht sich auf die Fähigkeit, Mitgefühl und Verständnis für Menschen und Kulturen auf der ganzen Welt zu entwickeln. Es geht darüber hinaus, Empathie nur auf individueller oder lokaler Ebene zu empfinden. Hier sind einige Möglichkeiten, wie sich globale Empathie äußern kann:
- Interesse an globalen Angelegenheiten: Menschen mit globaler Empathie interessieren sich aktiv für globale Themen, wie internationale Beziehungen, Kulturen, Menschenrechte, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit. Sie verfolgen Nachrichten und Informationen über internationale Entwicklungen.
- Engagement für soziale und humanitäre Arbeit: Globale Empathen setzen sich für soziale und humanitäre Projekte ein, die Menschen in verschiedenen Teilen der Welt unterstützen. Dies kann durch Spenden an internationale Hilfsorganisationen, Freiwilligenarbeit in globalen Projekten oder die Initiierung eigener Initiativen geschehen.
- Kulturelle Sensibilität: Menschen mit globaler Empathie zeigen Respekt und Wertschätzung für verschiedene kulturelle Hintergründe. Sie sind offen für das Verstehen und Lernen von unterschiedlichen Lebensweisen, Bräuchen und Traditionen.
- Empathie für globale Herausforderungen: Globale Empathen sind sich der globalen Herausforderungen bewusst, denen die Menschheit gegenübersteht, wie Armut, Hunger, Ungerechtigkeit, Klimawandel und Flüchtlingskrisen. Sie fühlen sich mit den betroffenen Menschen mit und setzen sich für Lösungen ein.
- Förderung des interkulturellen Dialogs: Menschen mit globaler Empathie tragen dazu bei, den interkulturellen Dialog zu fördern und Brücken zwischen verschiedenen Kulturen und Nationen zu bauen. Sie setzen sich für den Frieden und die Verständigung zwischen verschiedenen Gruppen ein.
- Unterstützung internationaler Zusammenarbeit: Globale Empathen unterstützen internationale Versuche zur Zusammenarbeit und Lösung globaler Probleme. Dies kann durch politisches Engagement, Lobbyarbeit oder die Beteiligung an internationalen Organisationen geschehen.
- Bildung und Bewusstseinsbildung: Sie tragen zur Bildung und Bewusstseinsbildung bei, indem sie andere dazu motivieren, sich über globale Themen zu informieren und sich ebenfalls für globale Empathie und Solidarität einzusetzen.
Somatische Empathie
Somatische Empathie bezieht sich auf die Fähigkeit, die körperlichen Empfindungen und Empfindungen einer anderen Person zu verstehen, zu teilen oder nachzuempfinden. Diese Form der Empathie beinhaltet die Wahrnehmung und Interpretation von körperlichen Signalen und Empfindungen einer anderen Person. Hier sind einige mögliche Wege, wie sich somatische Empathie äußern kann:
- Körperliche Empfindungen: Eine Person mit somatischer Empathie kann physische Empfindungen oder Schmerzen in ihrem eigenen Körper erleben, die denen ähneln, die eine andere Person gerade durchmacht. Zum Beispiel könnte jemand, der somatische Empathie hat, Schmerzen in einem bestimmten Bereich seines Körpers verspüren, wenn sie sehen, dass jemand anders sich an diesem Ort verletzt hat.
- Spiegelneuronen: Die Spiegelneuronen im Gehirn spielen eine wichtige Rolle bei der somatischen Empathie. Diese Neuronen feuern, wenn wir beobachten, wie jemand eine andere Handlung ausführt, und können dazu führen, dass wir uns in gewisser Weise in diese Person hineinversetzen und ihre Bewegungen nachahmen.
- Emotionale Reaktionen: Somatische Empathie kann auch emotionale Reaktionen auslösen, die mit körperlichen Empfindungen verbunden sind. Zum Beispiel könnte jemand, der somatische Empathie hat, Herzklopfen oder Schweißausbrüche verspüren, wenn sie sehen, dass jemand in ihrer Nähe große Angst oder Aufregung erlebt.
- Schmerz oder Unbehagen lindern: Menschen mit somatischer Empathie könnten natürlicherweise den Drang verspüren, die körperlichen Beschwerden oder Schmerzen einer anderen Person zu lindern. Sie könnten intuitiv handeln, um Trost zu spenden oder Hilfe anzubieten, wenn jemand in ihrer Umgebung leidet.
- Sensorische Empfindlichkeit: Menschen mit somatischer Empathie können besonders empfindlich auf Reize und Sinneswahrnehmungen sein, was es ihnen ermöglicht, subtil körperlich zu sein
Dunkle Empathie
Der Begriff „dunkle Empathie“ wird nicht allgemein anerkannt oder in der psychologischen Literatur verwendet. Auch dieser Begriff ist populärwissenschaftlich. Erstmals tauchte dieser Begriff 2017 auf, im Buch von Fritz Breithaupt, „Die dunklen Seiten der Empathie“. Er meinte, dass man sich mit der Empathie durchaus kritisch auseinander setzen sollte, denn hinter Empathie verbergen sich oft auch Risiken und vor allem auch Neben-wirkungen, die uns in Gefahr bringen.
Als Nachteile von Empathie führt Breithaupt an, dass ein Zuviel an Empathie sogar Konflike fördern kann, weil wir als Menschen häufig dazu tendieren Partei zu ergreifen. Wenn zum Beispiel ein Tiger ein Reh angreift und verletzt, zeigen wir uns solidarisch mit dem Reh, während wir den Tiger hassen. Doch der Tiger hat ja nur seiner Natur entsprechend gehandelt. Im Moment des Angriffs jedoch zeigen wir Menschen dafür kein Verständnis. Der Wunsch den Tiger zu bestrafen ist da.
Gleichzeitig kann seiner Meinung nach Empathie dazu führen, dass Menschen sich als Retter aufspielen, statt echtes Mitgefühl zu zeigen. Dies führt dann dazu, dass der helfende Mensch sich selbst besser fühle, und dem Leidenden mehr Schaden zufügt. Diese Art von Helfersyndrom hat jedoch relativ wenig mit Empathie zu tun, sondern kann dem verdeckten Narzissmus zugeschrieben werden.
Der Wunsch jemanden zu bestrafen hat auch nichts mit Empathie zu tun. Denn Empathie ist frei von negativen Gefühlen. So sieht es auch der Buddhismus: Bleib in der Mitte, hasse niemanden. Menschen machen Fehler. Tiere im Übrigen auch. Wir können über Dinge diskutieren, Lösungen anbieten und freidlich miteinander umgehen. Wir können sogar vergeben, wenn wir wollen.
Emotionale Ansteckung
Eine Gefühlsansteckung, auch als emotionale Ansteckung oder emotionale Kontagion bezeichnet, bezieht sich auf das Phänomen, bei dem Menschen die Emotionen und Stimmungen anderer Menschen aufnehmen und in gewisser Weise übernehmen. Es handelt sich um einen sozialen Prozess, bei dem Emotionen von einer Person auf eine andere übertragen werden können, oft ohne bewusste Absicht.
Ein typisches Beispiel für Gefühlsansteckung ist das Lächeln. Wenn wir jemanden sehen, der lächelt, neigen manche von uns dazu, selbst zu lächeln, auch wenn wir die Person nicht kennen oder deren Gründe für das Lächeln nicht verstehen. Dies zeigt, wie Emotionen ansteckend sein können.
Wann Empathie zum Mangel wird
Ich habe nun angeführt was Empathie ist, was Empathie nicht ist, was die Wissenschaft dazu sagt und ab wann Empathie eine Haltung ist. Jetzt möchte ich noch darauf eingehen, wann Empathie nicht hilfreich ist. Ich argumentiere da jedoch weniger mit den Worten von Herr Breithaupt, denn wie ich schon ausführte, hat dunkle Empathie wenig mit Empathie zu tun – mehr mit Machtmissbrauch, unter dem übrigens viele Erwachsene noch leiden. Die Folgen des emotionalen Missbrauchs in der Kindheit durch traumatisierte Eltern sind für viele Betroffene immer noch spürbar.
Emotionaler Missbrauch ist im Übrigen da ein gutes Stichwort. Denn Emotionaler Missbrauch findet statt, wenn Menschen etwas fühlen, aber nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Viele Menschen sind bei großen Gefühlen, einfach extrem überwältigt. Sie wissen nicht wie Sie ihre Empathie für sich selbst oder andere managen sollen. Sie überschreiten dann ihre eigenen Grenzen und oft auch die Grenzen anderer. Und dann ist Handeln nicht hilfreich. Wir helfen niemandem, wenn wir unsere eigenen Grenzen überschreiten. Wir sind dann meistens im Empathiemangel.
Selbstfürsorge ist nicht dasselbe wie Egoismus
Ich habe mal gelesen, dass es wichtig ist, sich zu fragen wie man helfen kann und vor allem ob man es kann, bevor man tatsächlich Hilfe anbietet. Es bringt niemandem etwas, wenn man sich durch seine starken Gefühle in Lebensgefahr bringt. Und das ist der Unterschied zwischen echter Empathie und starken Gefühlen. Wir müssen erst selber in Sicherheit sein. Das bedeutet nicht, dass wir egoistisch sind.
Wenn wir jemandem helfen wollen, müssen wir selber stark genug sein dafür. Um also eine echte Hilfe zu sein, müssen wir uns über unsere Grenzen bewusst sein. Es reicht nicht, wenn wir etwas fühlen können und danach handeln. Wenn jemand im Schlamm untergeht, können wir nicht mit ihm schwimmen, denn dann sterben wir.
Viele Betroffene Menschen, die sich als Opfer von Narzissten sehen, tun aber genau das. Sie gehen unter. Sie verwechseln die Fähigkeit sich abzugrenzen mit Egoismus. Sich abzugrenzen ist aber ein wichtiger Akt der Selbstfürsorge. Um für andere sorgen zu können, ist es wichtig, dass sich auch gut um sich selber sorgt. Empathie bedeutet also: Ich weiß, was du fühlst, aber ich weiß auch genug, um zu verstehen, dass ich meine Reaktion klug auswählen muss, wenn ich helfen will.
Glaube niemals deinen Gefühlen
Der Buddhismus sagt: Glaube niemals deinen Gefühlen. Denn sie Kommen und gehen. Und da hat die Lehre der Mönche Recht.
Es ist nicht immer angebracht, seinen eigenen Gefühlen bedingungslos zu glauben, da Gefühle nicht immer eine objektive und zuverlässige Darstellung der Realität bieten. Mehr noch schenken wir unseren teils doch sehr dramatisch empfunden Gefühlen zu viel Aufmerksamkeit. Wir alle nehmen uns, und unsere Gefühle oft viel zu wichtig. Auch ich war schon das eine oder andere mal, eine Dramaqueen. Ein bisschen schäme ich mich auch dafür.
Das Problem ist ja nicht, dass ich mich selbst zu wichtig nehme und dann die Dramaqueen spiele, sondern dass ich mich zu sehr mit meinen Gefühlen dann identifiziere und auch danach handel. Darüber hinaus gibt es noch einige andere Gründe, die ich dir an dieser Stelle noch kurz mitteilen möchte.
- Ich unterliege oft meiner emotionalen Verzerrung: Emotionen können unsere Wahrnehmung und unser Denken beeinflussen. Wenn wir starke Emotionen wie Wut, Angst oder Traurigkeit erleben, neigen wir dazu, die Situation wahrzunehmen und unser Urteilsvermögen kann beeinträchtigt sein.
- Ich bin Voreingenommen: Unsere eigenen Gefühle können durch unsere persönlichen Erfahrungen, Überzeugungen und Vorurteile gefärbt sein. Dies kann dazu führen, dass wir Situationen subjektiv und einseitig interpretieren.
- Ich zeige Impulsives Verhalten: Wenn wir unseren Gefühlen impulsiv folgen, ohne sie zu reflektieren oder zu hinterfragen, können wir unüberlegte Entscheidungen treffen, die im Nachhinein unklug oder schädlich sein können.
- Ich unterliege unbewusst oft einer Selbsttäuschung: Manchmal können Menschen sich selbst täuschen oder sich selbst über ihre eigenen Gefühle hinwegtäuschen. Dies kann dazu führen, dass sie ihre wahren Bedürfnisse oder Probleme ignorieren.
- Mir fehlt oft die Kontrolle: Emotionen können intensiv sein und unsere Fähigkeit zur rationalen Entscheidungsfindung beeinträchtigen. Es ist wichtig, Emotionen zu erkennen, aber auch die Fähigkeit zu haben, sie zu regulieren und in angemessener Weise darauf zu reagieren.
- Ich könnte mich auch irren: Gefühle sind oft vorübergehend und können sich im Laufe der Zeit ändern. Was wir heute fühlen, muss nicht unbedingt unsere traditionellen Überzeugungen oder Bedürfnisse widerspiegeln.
Das bedeutet nicht, dass man seine Gefühle generell misstrauen sollte. Emotionen sind ein wichtiger Teil unseres emotionalen und sozialen Lebens und können uns wertvolle Informationen über uns selbst und unsere Umgebung liefern. Es ist jedoch ratsam, eine gewisse emotionale Intelligenz zu entwickeln, um Gefühle zu erkennen, zu verstehen und zu regulieren.
Selbstregulation ermöglicht es uns, fundierte Entscheidungen zu treffen und unsere Reaktionen auf angemessen Weise zu steuern, anstatt impulsiv zu handeln oder uns von unseren Emotionen beherrschen zu lassen, und damit nicht mehr im Sinne der Empathie zu handeln. Daher hilft es mir oft, wenn ich erstmal die Situation verlasse, einige Male tief durchatme und dann für mich reflektiere, was da gerade passiert ist. So gelingt es mir dann auch, empathisch auf andere einzugehen. Und was hilft dir dabei angemessen zu reagieren?
© Daniel Brodersen