Echoismus: Die Angst narzisstisch zu sein

Echoismus: Die Angst narzisstisch zu sein

Der relativ neue Begriff „Echoismus“ stammt aus dem griechischen Mythos von Echo und Narziss, woher auch der Begriff „Narzissmus“ stammt. Nach einem Fluch kann die Nymphe Echo nicht mehr für sich selbst sprechen, sondern nur noch die letzten Worte dessen wiederholen, was andere zu ihr sagen. Sie beginnt, mit ihrer Stimme auch ihr Selbstgefühl zu verlieren. Wie Echo haben auch Menschen mit Echoismus Schwierigkeiten, ihre Gefühle und Wünsche mitzuteilen, weswegen Sie häufiger in toxischen Beziehungen geraten, ohne dass ihnen bewusst ist, warum. Betroffene von Echoismus sind oft co- abhängig oder hochsensibel oder beides.

Nymphe Echoismus

Was ist Echoismus?

Der Begriff Echoismus wurde von dem amerikanischen Psychoanalytiker David Dean geprägt und später von Craig Malkin, Autor von „Rethinking Narcissism“, in den Kontext des Narzissmus gebracht. Nach Malkin ist Echoismus die intensive Angst, narzisstisch zu wirken.

Ein Echoist möchte niemandem zur Last fallen und hat Angst vor Aufmerksamkeit. Er kann seine Vorlieben und Bedürfnisse nicht äußern, sondern übernimmt die seines meist narzisstischen Partners.

Das bedeutet, dass sich bei einem Echoisten alles um andere dreht. Das geht so weit, dass der Echoist keinen Platz für sich selbst in seiner Welt findet. Man kann das als Egoismus in die andere Richtung bezeichnen. Gefallsucht und Unsicherheit sind seine steten Begleiter.

Folgende Eigenschaften machen Echoisten aus

  • Oft sind sie nicht in der Lage Lob gut anzunehmen
  • Aufmerksamkeit wollen sie nicht, lehnen sie gar ab
  • Sie tun alles, um andere nicht zu belasten
  • Echoisten sind sehr darauf bedacht, die Bedürfnisse anderer zu erfüllen
  • Sie sind davon überzeugt davon nur Zuneigung zu bekommen, wenn sie die Wünsche anderer erfüllen
  • Sie haben Schwierigkeiten, Grenzen zu ziehen oder eigene Bedürfnisse durchzusetzen
  • Sie befürchten, dass die Äußerung von eigenen Meinungen oder Bedürfnissen zu Kontaktabbruüchen führt
  • Menschen die unter Echoismus leiden, neigen zu übertriebener Selbstkritik
  • Sie haben oft Schwierigkeiten, eigene Vorlieben und Abneigungen zu erkennen und zu benennen
  • Um keinen Preis wollen sie egoistisch erscheinen
  • Sie verlangen von anderen weniger, als sie bereit sind selbst zu geben
  • Sie haben ein hohes Maß an Mitgefühl, bzw. neigen zu Mitleid und sind oft hochsensibel
Echoismus

Woher kommt Echoismus?

Echoismus wird als Traumabewältigungsstrategie gesehen – ein Werkzeug, um zu überleben. Dazu gehören Betroffene, die früh erfahren mussten, dass die eigenen Bedürfnisse und persönlichen Ziele anderen unangenehm sind. Die Angst, positive Wertschätzung zu verlieren, kann dazu führen, dass du das tief sitzende Bedürfnis hast, dich auf andere zu konzentrieren, damit diese dir weiterhin Anerkennung entgegenbringen.

Wie andere Bewältigungsmechanismen ist auch der Echoismus eng mit den Erfahrungen verbunden, die du als Kind mit deinen Eltern und Bezugspersonen gemacht hast. Eltern mit narzisstischen Zügen sind ein häufiger Auslöser und Hochsensibilität ein Verstärker.

Das „Komm her und Geh weg“-Spiel von Narziss und Echo

Narziss war ein griechischer Jüngling und der Sohn des Flussgottes Kephissos und der Nymphe Leiriope. Der griechische Dichter Ovid erwähnte beiläufig, dass das Kind durch eine Vergewaltigung gezeugt wurde, also durch einen Missbrauch, wofür sein Erzeuger von Poseidon, dem Gott des Meeres unter die Erde geschmettert wurde.

Echo war eine wunderschöne Bergnymphe und hat im Auftrag von Zeus seine Gattin Hera mit Geschichten abgelenkt, damit Zeus sich ungestört mit anderen göttlichen Damen vergnügen konnte. Hera bestrafte Echo dafür, indem sie ihr die Sprache raubte und ihr nur die Fähigkeit ließ, die letzten an sie gerichteten Worte zu wiederholen.

Auf der Erde verliebte sich Echo eines Tages in Narziss.

Als dieser einmal während einer Hirschjagd von seinen Freunden getrennt allein durch den Wald stolzierte, folgte Echo ihm leise und vorsichtig. Narziss bemerkte ihre Anwesenheit und rief:

 „Ist jemand hier?“

Echo: „Hier, hier!

Narziss: Komm!

Echo: Komm, komm!

Nach einigen Echos trat Echo aus dem Unterholz und wollte Narziss umarmen. Er aber wich zurück und wollte von Echo nichts wissen. Echo fühlte sich durch diese Ablehnung und Zurückweisung so elend, dass sie sich in eine Höhle zurückzog und verkümmerte. Irgendwann blieb ihr nur noch ihre Stimme. Ihre Knochen wurden zu Felsen.

Echoisten führen ein anstrengendes Leben.

Echoismus vs. verdeckter Narzissmus?

Echoismus überdeckt sich teilweise mit Co-Narzissmus, verdecktem Narzissmus und dem von Dr. Jochen Peichl geprägten Ausdruck „Mutter Theresa Narzissmus“.

Es gibt aber auch Stimmen, die das Gegenteil behaupten. Nach ihnen ist Echoismus nichts weiter als das komplette Gegenteil von Narzissmus. Echoisten haben ja per Definition Angst davor, narzisstisch zu sein.

Dennoch hat auch ein Echoist co-narzisstische Anteile.

Nach Peichl versucht das Kind, die narzisstische Wunde zu heilen und seinen verletzten Selbstwert zu regulieren, indem es sich selbst zurücknimmt, alles für andere tut, altruistisch handelt und auf die Erfüllung seiner Bedürfnisse verzichtet. Das gleicht dem verdeckten Narzissten, der versucht, die narzisstische Wunde in Erwartung auf Aufmerksamkeit, Anerkennung und Bestätigung durch Aufopferung zu heilen.

Es möchte gesehen werden indem was er alles für andere tut und erwartet dafür Anerkennung. Also sollen es alle gut finden, dass der Echoist nur für sie da ist und nicht an sich selbst denkt. Man könnte fast schon meinen meinen, der Echoist habe Gefallen an der Opferrolle.

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