Der innere Kritiker: Wie Selbstkritik unser Leben und unsere Beziehungen beeinflusst

Der innere Kritiker: Wie Selbstkritik unser Leben und unsere Beziehungen beeinflusst

Bist du auch so unzufrieden mit deiner Leistung, glaubst du könntest es viel besser machen, während du dich mit anderen Menschen in deinem Umfeld vergleichst? Der Innere Kritiker, auch bekannt als das innere Selbstkritik-Monster, ist ein Phänomen, das viele von uns kennen und fürchten. Dieser innere Dämon kann unser Selbstwertgefühl beeinträchtigen, unsere Entscheidungen sabotieren und uns in einen endlosen Kreislauf negativer Gedanken und Selbstzweifel stürzen. Gleichzeitig trägt dieser Anteil auch erheblich dazu bei, dass wir in Beziehungen landen, in denen wir nicht glücklich sind. Wie dieser Anteil entstanden ist, wie wir uns mit ihm anfreunden können, darum geht es in diesem Artikel.

Der innere Kritiker

Die Stimme in mir sagte: Du bist nicht gut genug

Vielleicht kennst du diese Situation ja auch. Du stehst im Supermarkt vor einem Regal und suchst verzweifelt nach deinem Einkaufszettel. Eben hattest du ihn noch. Doch jetzt ist er verschwunden. Und in dir meldet sich eine Stimme“

  • „Du bist nicht gut genug.“
  • „Du machst immer Fehler.“
  • „Wie konntest du nur so dumm sein?“

Es reicht nicht, dass die Situation allgemein schon doof ist, nein, deine innere Stimme, muss noch einen drauf setzen. Diese Stimme in unserem Kopf nennt man auch, innerer Kritiker. Und eben hat sich diese Instanz gemeldet und wertet dich vom Allerfeinsten ab. Und das obwohl es total normal ist, auch mal etwas zu vergessen. Doch dieser Anteil in dir reagiert völlig gnadenlos und kennt nur richtig oder falsch. Wenn mal wieder was außer Plan verläuft oder du dich irrst, wird die Stimme in dir zum Richter, welche dich zum Angeklagten erklärt.

Was ist der Innere Kritiker?

Wenn du Gedanken wie „Das war ja wohl gar nichts“ oder „War ja klar, dass ich das nicht hinbekomme“ kennst, dann hast du wahrscheinlich deinem inneren Kritiker bereits mehr als einmal begegnet. Der innere Kritiker meldet sich meistens dann, wenn wir das Gefühl haben, unseren eigenen Erwartungen nicht zu entsprechen – sei es in unseren eigenen Augen oder in den Augen unserer Mitmenschen.

Vielleicht kennst du ja auch folgende Gedanken:

  • „Du verdienst keine Liebe oder Anerkennung.“
  • „Andere Menschen sind besser als du.“

Diese Selbstkritik kann in verschiedenen Formen auftreten. Einige Menschen erleben ihren inneren Kritiker als eine starke innere Autoritätsperson, die immerzu mit erhobenem Zeigefinger droht. Andere hören vielleicht eine quälende innere Stimme, die ihren Selbstzweifel verstärkt. Unabhängig von der Form äußert sich der Innere Kritiker oft in negativen Gedanken und Selbstgesprächen, die uns verletzend und entmutigen.

Introjektion: Die Identifikation mit dem Negativen

Wie du dir denken kannst, hat alles seine Geschichte, so auch die Entstehung von solchen Ich- Anteilen. Und in der Regel geschieht das relativ unbewusst. Der Fachbegriff für diese Ich-Anteile lautet: Introjektion. Man sagt auch Glaubenssätze dazu oder Fremdüberzeugungen, also Übernahmen von Gedanken anderer. Gedanken, die nicht zu uns gehören, die wir aber übernehmen, um zu überleben.

Wüssten wir über all unsere Anteile bescheid, dann würden wir auch verstehen, warum wir so wirken, wie wir wirken. Wir würden ebenso verstehen, warum wir denken, was wir denken. Bleibt die Frage also, warum wir Anteile entwickeln, unter denen wir leiden. Und vor allem, wann haben wir den inneren Kritiker entwickelt?

Der Ursprung vom inneren Kritiker

Der Innere Kritiker entwickelt sich also ganz oft in der Kindheit. Er kann das Ergebnis von negativem Feedback, Kritik oder sogar emotionaler Misshandlung durch Eltern, Lehrer oder andere wichtige Bezugspersonen sein. Als Kinder sind wir besonders empfänglich für die Botschaften, die wir von Erwachsenen erhalten, und wenn wir immer wieder zu hören bekommen, dass wir schlecht, falsch oder unzureichend sind, entwickelt sich der innere Kritiker, der diese schädlichen Botschaften internalisiert.

Der innere Kritiker kann auch als ein Art Schutzmechanismus entstehen. In einer schwierigen oder traumatischen Umgebung kann er dazu dienen, sich selbst vor weiterem Schaden zu bewahren, indem er die Aufmerksamkeit von äußeren Bedrohungen auf innere Selbstkritik lenkt. Auf diese Weise kann der Innere Kritiker versuchen, Kontrolle und Sicherheit in einer unsicheren Welt zu finden. Jedoch leiden wir meistens auch darunter. Denn oftmals wiederholen wir die Erfahrungen immer wieder.

Als Kind hat man keine Wahl

Für Kinder ist es existenziell bedrohlich, von den Eltern nicht geliebt zu werden, ergo passen wir uns an. Denn ohne die Liebe und Zuwendung unserer Eltern ist es uns nicht möglich zu überleben. Und wenn wir einen Fehler machen, oder unsere Eltern aus irgendeinem Grund mit dem, was wir tun, nicht einverstanden sind, dann geben wir uns die Schuld dafür, ohne zu reflektieren ob wir wirklich daran Schuld sind.

Das fiese daran ist, dass wir uns damit konditionieren. Das heißt, wir manifestieren bzw. zementieren damit unser schlechtes Gewissen, auch wenn wir nichts getan haben, was dafür eine Rechtfertigung ist.

Der innere Kritiker ist nur einer von vielen

In der faszinierenden Welt der Psychologie existieren verschiedene Ansätze, die davon ausgehen, dass wir als Menschen über vielfältige innere Anteile verfügen, die oft miteinander in Interaktion stehen, manchmal sogar in Konkurrenz zueinander treten. Einer dieser inneren Anteile, der besonders heraussticht, ist eben der innere Kritiker.

Neben dem inneren Kritiker, sind dir vielleicht schon andere Anteile, wie das innere Kind oder der liebevolle Begleiter begegnet. Diese Anteile haben ähnlich wie der innere Kritiker einen ganz eigenen Charakter. So besteht das innere Kind vor allem aus positiven und negativen Gefühlen, die wir aus der Kindheit mitgenommen haben. Dagegen ist der liebevoller Begleiter das wertvolle Gegenstück zum inneren Kritiker. Er ist mitfühlend und verständnisvoll und spricht stets in einem liebevollen Ton mit dir. 

Fiese Generalisierung und Verallgemeinerungen

Ein gemeiner Trick des inneren Kritikers, besteht darin, nicht nur unser Verhalten zu beurteilen, sondern unsere ganze Person in Frage zu stellen. Dann haben wir nicht bloß nur einen Fehler gemacht, sondern dann sind wir der Fehler. Dieses Denken haben wir aus der Kindheit mit ins Erwachsenenalter mitgenommen.

Als Kind war es vielleicht Überlebensnotwendig so zu denken. Jedoch stellt sich die Frage, ob der Sinn im Hier und Jetzt, sprich im Erwachsenenleben nach wie vor besteht, oder ob wir damit nicht unser eigenes Unglück zementieren.

Die Auswirkungen des inneren Kritikers

Die Auswirkungen des inneren Kritikers sind vielfältig und können sich auf verschiedene Lebensbereiche negativ auswirken. Das Fortführen dieses schädlichen Musters aus unserer Kindheit kann zu folgenden Konsequenzen führen:

  1. Niedriges Selbstwertgefühl : Der Innere Kritiker spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung eines niedrigen Selbstwertgefühls. Seine anhaltende Selbstkritik führt dazu, dass wir uns minderwertig fühlen und uns selbst nicht ausreichend wertschätzen. Wir zweifelten an unseren Fähigkeiten und unserem Wert als Mensch, was unser Selbstvertrauen erheblich beeinträchtigte.
  2. Angst und Depression : Die fortwährende Selbstkritik des inneren Kritikers kann schwerwiegende Auswirkungen auf unsere psychische Gesundheit haben. Negative Gedanken und anhaltender Selbstzweifel sind oft Vorboten von Angststörungen und Depressionen. Diese negativen Emotionen können unser emotionales Wohlbefinden belasten und zu ernsthaften psychischen Problemen führen.
  3. Perfektionismus : Der innere Kritiker treibt uns oft dazu, Perfektion anzustreben. Er setzt unrealistische Standards für uns selbst und lässt uns nie zufrieden sein mit dem, was wir erreichen. Dieses unermüdliche Streben nach Perfektion kann zu übermäßigem Stress und Frustration führen. Wir setzen uns selbst unter enormen Druck, was langfristig zu Unzufriedenheit und Burnout führen kann.
  4. Selbstsabotage : Unser innerer Kritiker kann uns dazu bringen, uns selbst zu sabotieren. Aus Angst zu scheitern oder den hohen Erwartungen nicht gerecht zu werden, meiden wir oft Chancen und Möglichkeiten. Wir könnten uns selbst daran hindern, unser volles Potenzial auszuschöpfen und unsere Ziele zu erreichen. Diese Selbstsabotage kann berufliche und persönliche Entwicklungen erheblich behindern. Vielleicht hast du dich auch schon gefragte warum andere erfolgreicher sind oder du schon wieder bei der letzten Beförderung übergangen wurdest.
  5. Schwierigkeiten in Beziehungen : Die Selbstkritik des inneren Kritikers wirkt sich auch auf unsere zwischenmenschlichen Beziehungen aus. Sie können uns daran hindern, authentisch zu sein und uns selbst in Beziehungen zu öffnen. Wir könnten Angst davor haben, abgelehnt oder verletzt werden, was dazu führt, dass wir uns emotional zurückziehen oder unsere wahren Gefühle und Bedürfnisse unterdrücken. Dies kann zu Konflikten und Missverständnissen in Beziehungen führen. Nicht selten finden wir uns dadurch in toxischen Beziehungen wieder. Jedoch ist dann oft nicht der Patner toxisch, sondern es sind nach wie vor unsere Gedanken, die uns dazu bringen uns eben in der Beziehung toxisch zu verhalten.

Konkrete Beispiele für den Inneren Kritiker

Fallbeispiel 1: Beruflicher Erfolg

Sarah, eine 32-jährige Unternehmensberaterin, hat eine beeindruckende Karriere gemacht und wurde vor kurzem zur Abteilungsleiterin befördert. Trotz ihres Erfolges hat sie oft mit ihrem inneren Kritiker zu kämpfen. Ihr innerer Kritiker äußerte sich in Gedanken wie: „Du bist nicht klug genug für diese Position. Du wirst versagen und alle werden sehen, dass du inkompetent bist.“

Die Auswirkungen des inneren Kritikers auf Sarahs Leben sind spürbar. Sie zweifeln oft an ihren Entscheidungen, sind übermäßig selbstkritisch und arbeiten übermäßig hart, um sich zu beweisen. Dies führt zu Burnout und hat sogar negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit. Sarahs Fall zeigt, wie der innere Kritiker den beruflichen Erfolg behindern kann, selbst wenn äußere Erfolge vorhanden sind.

Fallbeispiel 2: Körperbild und Selbstwertgefühl

Mark, ein 28-jähriger Fitness-Enthusiast, hat ein ausgezeichnetes Körperbild und achtet auf seine Gesundheit. Dennoch leidet er unter einem inneren Kritiker, der ihm immer wieder sagt: „Du könntest besser aussehen. Dein Körper ist nicht perfekt. Du wirst nie gut genug sein.“

Diese Selbstkritik hat dazu geführt, dass Mark übermäßig intensiv trainiert, sich auf extreme Diäten einlässt und sich dennoch nie zufrieden fühlt. Er vergleicht sich ständig mit anderen und fühlt sich minderwertig. Dies beeinflusst nicht nur sein Selbstwertgefühl, sondern kann auch zu körperlichen und psychischen Gesundheitsproblemen führen.

Fallbeispiel 3: Soziale Beziehungen

Lisa, eine 35-jährige alleinerziehende Mutter, hat Schwierigkeiten in sozialen Situationen. Ihr innerer Kritiker flüstert ihr immer wieder ein: „Du bist langweilig. Niemand mag dich wirklich. Du machst immer alles falsch.“

Diese Selbstkritik hat Lisa dazu gebracht, soziale Einladungen zu vermeiden und sich von potenziellen Freundschaften zurückzuziehen. Sie hat das Gefühl, dass sie in einer anderen Gesellschaft nie selbst sein kann, da der innere Kritiker ständig Zweifel an sich selbst und ihren sozialen Fähigkeiten säht.

Fallbeispiel 4: Elternschaft und Erziehung

David, ein 40-jähriger Vater von zwei Kindern, fühlt sich oft als Versager in der Elternschaft. Sein innerer Kritiker sagt ihm: „Du bist eine schlechte Vaterfigur. Du machst ständig Fehler bei der Erziehung deiner Kinder. Sie werden wegen dir Probleme haben.“

Diese Selbstkritik belastete David und beeinflusste seine Beziehung zu seinen Kindern. Er fühlt sich ständig schuldig und unsicher in seiner Rolle als Vater, was zu Spannungen in der Familie führt. David ist sich nicht bewusst, dass sein innerer Kritiker einen erheblichen Einfluss auf seine Wahrnehmung seiner Elternschaft hat.

Fallbeispiel 5: Kreativität und Selbstausdruck

Emily, eine 25-jährige ehemalige Schriftstellerin, träumt davon, einen Roman zu schreiben. Ihr innerer Kritiker wiederholte jedoch ständig: „Deine Ideen sind lächerlich. Du kannst nicht schreiben. Niemand wird jemals deine Geschichten lesen wollen.“

Diese Selbstkritik hat dazu geführt, dass Emily ihre kreativen Bemühungen oft aufgibt, bevor sie überhaupt begonnen hat. Sie zweifeln an ihrem eigenen Talent und haben Angst vor Ablehnung. Dies hindert sie daran, ihre Leidenschaft für das Schreiben zu verfolgen und sich selbst als Schriftstellerin zu sehen.

Strategien zur Überwindung des inneren Kritikers

Es ist möglich, den inneren Kritiker zu überwinden und ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln. Hier sind einige Strategien, die dabei helfen können:

  1. Bewusstwerden : Der erste Schritt zur Überwindung des inneren Kritikers ist das Bewusstwerden seiner Existenz. Achten Sie auf die negativen Gedanken und Selbstgespräche, die in Ihrem Geist auftauchen, und erkennen Sie, dass sie vom inneren Kritiker stammen.
  2. Selbstmitgefühl entwickeln : Statt sich selbst zu kritisieren, praktizieren Sie Selbstmitgefühl. Sprechen Sie liebevoll und unterstützen Sie mit sich selbst, als ob Sie einem Freund helfen würden. Erkennen Sie, dass niemand perfekt ist und Fehler zum menschlichen Leben gehören.
  3. Selbstakzeptanz : Akzeptieren Sie sich selbst mit all Ihren Stärken und Schwächen. Niemand ist fehlerfrei, und Ihre Unvollkommenheiten machen Sie einzigartig.
  4. Positive Affirmationen : Verwenden Sie positive Affirmationen, um Ihr Selbstwertgefühl zu stärken. Wiederholen Sie regelmäßig Sätze wie „Ich bin wertvoll“ und „Ich glaube an mich selbst“.
  5. Therapie : In vielen Fällen kann professionelle Therapie helfen, den inneren Kritiker zu bewältigen. Ein Therapeut kann Ihnen dabei helfen, die Wurzeln Ihrer Selbstkritik zu verstehen und gesündere Denkmuster zu entwickeln.
  6. Achtsamkeit und Meditation : Die Praxis der Achtsamkeit und Meditation kann dazu beitragen, die Gedanken des inneren Kritikers zu beruhigen und einen Raum für Selbstreflexion und Selbstakzeptanz zu schaffen.
  7. Grenzen setzen : Lernen Sie, klare Grenzen zu setzen und sich selbst vor übermäßiger Selbstkritik zu schützen. Wenn der innere Kritiker aktiv wird, sagen Sie sich selbst, dass Sie diese Gedanken nicht akzeptieren.

Falls du unter deinem inneren Kritiker leidest, schreib mir gerne eine Nachricht und wir arbeiten mit ihm oder an ihm….

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