Narzissmus und ADHS in toxischen Beziehungen

Narzissmus und ADHS in toxischen Beziehungen

Immer häufiger begleite ich Menschen in toxischen Beziehungen, die entweder die Diagnose ADHS haben oder bei denen zumindest der Verdacht darauf besteht. Sie alle nehmen sich zunächst als Opfer eines Narzissten wahr. Das gibt mir die Motivation, mich intensiv mit dieser allgegenwärtigenThematik zu beschäftigen und Ihnen die Zusammenhänge zwischen Narzissmus und ADHS näherzubringen.

adhs und co-abhängigkeit
ADHS kommt häufig in toxischen Beziehungen vor.

Was ist ADHS?

ADHS steht für das Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperakvititäts-Syndrom, eine der häufigsten psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Anders als früher angenommen, verwächst sich ADHS nicht und so können auch Erwachsene noch darauf getestet und diagnostiziert werden. Zwar nehmen manche Herausforderungen im Alter ab und Betroffene werden ruhiger. Dennoch bleibt die Diagnose bestehen. ADHS im Erwachsenenalter ist also kein Mythos, sondern Realität.

Schätzungen zufolge leiden ca 2-6% aller Menschen unter ADHS. Die Dunkelziffer ist wie bei allen anderen psychischen Störungen wahrscheinlich größer. Viele der Betroffenen sind ständig angespannt und fühlen sich getrieben, sind motorisch unruhig, handeln teilweise unüberlegt (impulsiv) und können ihre Aufmerksamkeit nicht gut halten. Sie sind quasi mit ihrem Kopf überall, aber nirgends so richtig. Es fällt ihnen schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren.

19 Merkmale von ADHS

  • Konzentrationsprobleme, sehr leichte Ablenkbarkeit
  • Prokrastination, oder zu deutsch: „Aufschieberitis“

Alles wird auf den letzten Drücker erledigt.

  • Mangel an Struktur im Alltag

Hier einige Beispiele:

  • Betroffene steigen an der falschen Haltestelle aus, verpassen ihren Zug oder Bus, oder steigen in einem falschen ein.
  • Sie verlegen ständig Sachen, oder vergessen sie irgendwo.
  • Betroffene kommen häufig zu spät.
  • Betroffene vergessen öfters wichtige Termine.
  • Sie gehen häufig spontan einkaufen und haben dabei ihr Konto nicht im Blick.
  • Sie haben keine Ordnung ich ihrem Haushalt.
  • keine Fähigkeit, Prioritäten zu setzen
  • Kirmes im Kopf

Grübelattacken und Gedankenkreisen sind keine Seltenheit.

  • innere Unruhe und Getriebensein
  • Überreizung
  • körperliche Unruhe

Betroffene trommeln mit Fingern auf dem Tisch oder wippen mit ihren Füßen und ändern häufig ihre Körperhaltung.

  • Verletzbarkeit

Betroffene nehmen alles persönlich, fühlen sich schnell angegriffen und rechtfertigen sich.

  • Emotionalität

Betroffene sind schnell emotional aufgewühlt und reagieren in manchen Situationen über.

  • Fahrlässigkeit

Betroffene Handeln manchmal in Gedankenlosigkeit, ohne über die Folgen nachzudenken. (z. B. durch eine riskante Fahrweise im Straßenverkehr)

  • starke Gefühls- und Stimmungsschwankungen
  • depressive Stimmungs-Einbrüche mit dem Gefühl von Minderwertigkeit, Aussichtslosigkeit und Resignation
  • Betroffene sind schnell gelangweilt und fühlen sich antriebslos – Sie sind immer auf der Suche nach dem besonderen Kick
  • mangelnde emotionale Abgrenzung von anderen Menschen

Betroffene übernehmen häufig die Gefühle anderer

  • eingeschränkte Wahrnehmung der eigenen Stimmungen, Gefühle und Bedürfnisse

Die Gefühle werden als „Knäuel“ wahrgenommen und können nicht differenziert und beschreiben werden.

  • unregelmäßige Essenszeiten

In extremen Fällen wird das Essen sogar „vergessen“.

  • Sammelwut
  • wenige Freunde

Selbst behaupten die Betroffenen, sie hätten „keine Zeit für Freunde“.

adhs
ADHS´ler werden von Reizen extrem überflutet.

Der Leidensdruck ist oft immens

Viele Betroffene nehmen sich als Fremdkörper wahr und dadurch selbst nicht vollkommen an. Ebenso fühlen sich Menschen mit dieser „Störung“ häufig von anderen ausgeschlossen oder abgelehnt. Nicht selten erleben sie sich als Opfer von Mobbing. Gleichzeitig haben Betroffene zu vielen Themen ihre ganz eigene Meinung und verkünden diese meist hemmungslos. Damit ecken sie in ihrem Umfeld an und werden oft missverstanden. Dieses Gefühl des nicht verstanden Werdens löst häufig Leidensdruck aus.

Dieser wird dadurch verstärkt, dass viele ADHS´ler ihre eigenen Grenzen oft nicht spüren und sich bis zur völligen Erschöpfung einer Sache hingeben. Anschließend sind sie enttäuscht, wenn der gewünschte Effekt und die erhofften Ergebnisse ausbleiben.

Das Ziel der meisten ADHS´ler ist es, angenommen und akzeptiert zu werden. So, wie sind. Und das fällt ihnen selbst häufig schwer. Durch verzweifelte Versuche, bei anderen anzukommen, erreichen sie jedoch oft das Gegenteil.

Ursachen von ADHS

Die Ursachen einer ADHS sind wie bei vielen anderen psychischen Auffälligkeiten nicht vollständig erforscht. Dennoch kann man davon ausgehen, dass genetische Faktoren mit anderen zusammenwirken und dieses Störungsbild bedingen. Zu diesen anderen Faktoren können Komplikationen während der Schwangerschaft zählen, genauso Umwelteinflüsse, die im neuronalen Transmittersystem zu Veränderungen führen und eine ADHS begünstigen.

Man geht davon aus, dass die Ursachen bei jedem Menschen unterschiedlich sind. Die Auffälligkeiten sind entsprechend von Betroffenem zu Betroffenem ebenfalls unterschiedlich ausgeprägt.

ADHS-Symptomatiken kommen auch bei anderen psychischen Auffälligkeiten vor. Betroffene entwickeln daher neben der ADHS häufig auch weitere zusätzliche Probleme.

ADHS wird oft weitervererbt

Relevante Studien weisen darauf hin, dass erbliche Faktoren die Hauptursache dieser psychischen Auffälligkeit sind. Es wird vermutet, dass ADHS den größten erblichen Einfluss aufweist. (siehe HIER)

Insbesondere bei den Erbgutinformationen, die für die Bildung und Übertragung des Botenstoffes Dopamin verantwortlich sind, können entsprechende Veränderungen festgestellt werden. Diese führen beispielsweise zu Dopaminmangel. Jemand mit einer ADHS weist also in gewisser Weise eine neurologische Stoffwechselstörung auf und verhält sich dementsprechend besonders.

Erbliche Faktoren begünstigen eine ADHS.

Negativerfahrungen begünstigen ein Entwicklungstrauma

Eine ADHS begünstigt Entwicklungstraumata. Menschen die unter den Symptomen ihrer ADHS leiden, machen in ihrem Umfeld unschöne Erfahrungen. Wenn sie sich häufen, können diese Negativerfahrungen zu einem Entwicklungstrauma führen. Bei Betroffenen von ADHS ist daher die Wahrscheinlichkeit für eine Posttraumatische Belastungsstörung größer.

Vor allem wenn ein Elternteil ebenfalls unter einer nie diagnostizierten ADHS leidet, sind ständige Konflikte und Bevormundungen Alltag. Darunter leidet dann die Beziehung. Sie wird als angespannt empfunden. Manchmal kommt es sogar zu Gewalt oder emotionaler Erpressung, vor allem dann, wenn die Gefühle wieder mal überkochen (was bei ADHS nicht allzu selten passiert).

ADHS´ler fühlen sich oft persönlich angegriffen und beziehen vieles schnell auf sich. Diese Verhaltensweise teilen sie mit Narzissten und Co-Abhängigen. Sie glauben oft, sie wären der Nabel der Welt und alles würde sich um sie drehen. Sie haben schnell Schuldgefühle für Dinge, die sie überhaupt nicht beeinflussen können, und machen sich dann kleiner als sie sind. Oder sie geben (zu großen Teilen grundlos) anderen die Schuld und werten sie ab, während sie sich rechtfertigen und jegliche Verantwortung von sich wegschieben.

Auch wenn das in den meisten Fällen vollkommen ungewollt geschieht: (Kaum ein Elternteil wünscht sich ein traumatisiertes Kind.) Sie traumatisieren durch dieses Verhalten unter Umständen ihr Umfeld.

ADHS´ler fühlen sich oft angegriffen und zeigen das sehr emotional.

Eine Spur von Hypervigilanz

Die Symptome, die bei einem Trauma auftreten, werden als Hypervigilanz bezeichnet. Dies ist das Leitsymptom der Posttraumatischen Belastungsstörung. Wenn man sich die Symptome beider Störungsbilder genauer anschaut, fallen viele Parallelen auf.

Zum Beispiel könnte der Verlust der Besonnenheit ebenso als Impulsivität ausgelegt werden (unüberlegtes und Vorschnelles Handeln).

Auch die hohe Empfindlichkeit, verbunden mit der Angst nicht zu genügen beziehungsweise vor Ablehnung als Basisemotion, findet sich in dieser Problematik wieder.

Betroffene werden von ihren Gefühlen überflutet. Als Folge spalten sie diese ab. Jemand, der traumatisiert ist, macht das ebenfalls – als Schutz, um sich nicht ohnmächtig zu fühlen.

ADHS vs. Co-Abhängigkeit

Betroffenen von ADHS fällt es schwer, sich angenommen zu fühlen. Aus diesem Grund neigen sie oft dazu, große Kraft dafür aufzubringen, es anderen rechtzumachen. Sie empfinden ihren Gefühlszustand als normal, da sie nichts anderes kennen. ADHS`ler wissen nicht, wie es ist, unbeschwert und in Einklang mit ihrer Umwelt zu sein.

Manche Betroffene versuchen immer herauszufinden, wie es anderen geht oder welche Stimmung gerade herrscht, sobald sie einen Raum betreten. Sie nehmen die Bedürfnisse anderer wahr und versuchen, sich nach ihnen zu richten. Sie sehnen sich nach größtmöglicher Harmonie, Ruhe und Frieden. Sie suchen diese Dinge bevorzugt im Außen. Genau das führt dazu, dass sie oft ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen. Sie haben Angst davor, abgelehnt zu werden.

Co-Abhängige sehnen sich nach Ruhe und Frieden, welche sie im Außen suchen.

Sich anpassen, um dazuzugehören

Ähnlich wie ADHS´ler leiden auch Co-Abhängige Menschen unter ihrem schwach ausgeprägten Selbstwert. Teilweise liegt das an den Einflüssen der eigenen Eltern, die selbst erkrankt sind. Teilweise liegt das aber eben auch an genetischen Faktoren, die für die eigene Resilienz verantwortlich sind. Aufgrund ihres schwachen Selbstwerts, grenzen sich die Betroffenen nur schwer ab und passen sich an. Auch dann, wenn es größte Aufmerksamkeit erfordert.

Es ist bekannt, dass ADHS´ler bei besonderem Interesse an einem Thema, einen Hyperfokus entwickeln. Im Optimalfall entfalten sie dadurch ihre Stärken und Interessen. Das kann aber auch dazu führen, dass sie das Helfersyndrom entwickeln und ständig auf eigene Faust Hilfstätigkeiten übernehmen. Sie tun das aus der Hoffnung heraus, dass ihre guten Taten gesehen und entsprechend gewürdigt werden.

People Pleasing und Self Gaslighting

Um dazuzugehören, ist ihnen jedes Mittel recht. ADHS`ler neigen wie Co-Abhängige dazu, für die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen Grenzen hinauszugehen. Sie betreiben regelrechtes People Pleasing. Viele Betroffene wirken nach solchen zusätzlichen Sonderaktionen regelrecht ausgelaugt. ADHS`ler sind aus diesem Grund auch besonders burnoutgefährdet.

Gleichzeitig leiden Betroffene unter ihrer verschobenen Wahrnehmung und den Wahrnehmungsdifferenzen zu ihren Mitmenschen, die so manches ganz anders sehen, als sie selbst. Dabei sind diese Unterschiede in der Wahrnehmung unumgänglich. Dank der Arbeit des österreichischen Psychotherapeuten Paul Watzlawik wissen wir, dass sich jeder Mensch seine eigene Wirklichkeit konstruiert.

Betroffene haben oft das Gefühl, dass sie von ihrem Umfeld manipuliert werden. Dass ihnen eingeredet wird, sich zu irren. Anders als beim Gaslighting, steigern sie sich jedoch oft in ihre eigenen Gedanken rein und betreiben regelrechten Selbstmissbrauch.

ADHS vs. Narzissmus

ADHS´ler wirken oft überheblich. Alles kreist um ihren Selbstwert. Da ist es normal, dass sie häufig für Narzissten gehalten werden. Sie gieren nach Bestätigung. Viele Betroffene haben schon einen sehr langen Leidensweg hinter sich, mit vielen Beziehungsabbrüchen in Partnerschaft und Beruf. Grund dafür ist oft die leichte Kränkbarkeit, verbunden mit der mangelnden Impulskontrolle.

Betroffene schießen schnell über das Ziel hinaus. Sie meinen vieles gut und handeln aus einer aus ihrer Sicht positiven Absicht heraus. Jedoch überrumpeln sie genau damit ihre Mitmenschen und bringen sie in Bedrängnis. Die positive Absicht dahinter ist, sich vor vermeintlichen Verletzungen schützen

Sobald sie mit ihrem Verhalten konfrontiert werden, fühlen sie sich häufig angegriffen, bleiben sturr, laufen vor einem möglichen Konflikt weg und schweigen. Die Partner von ADHS`lern könnten diese Sturrheit als Silent Treatment bewerten.

Vermeidung ist ein bewährter und anerkannter Schutzmechanismus. ADHS´ler sind sehr gut darin, sich selbst und anderen etwas vorzumachen. Aber nur so lange, bis es sie einholt und sie dadurch in Erklärungsnot geraten.

Manchmal sind die Betroffenen aber auch reflektiert und zeigen Einsicht. Das wird dann aber von Angehörigen selten ernstgenommen. Verständlicherweise, da sich dieses Verhalten wiederholt und der Eindruck entsteht, Betroffene würden nicht aus ihren Fehlern lernen. Auch hier werden Zusammenhänge mit Love BombingHoovering oder dem Helfersyndrom deutlich, da sich die Betroffenen oft übermäßig um Wiedergutmachung bemühen.

Impulskontrolle fällt vielen Betroffenen schwer

Der Mangel an Impulskontrolle kann sich bei betroffenen Erwachsenen folgendermaßen äußern:

  • Sie handeln erst unbewusst und sind erst im Nachhinein reflektiert 

Betroffene werden daher häufig als emotionale Ferraris bezeichnet, die sehr schnell und größtenteils unbedacht agieren. Auch wenn manche ihrer Ideen auf den ersten Blick großartig erscheinen, führen sie aufgrund der fehlenden Reflexion nicht selten zu ungewollten Situationen. Was dabei auffällt: Betroffene können ihr Fehlverhalten erkennen. Sie geben sich Mühe, sich zu verbessern. Irgendwann fallen sie jedoch wieder in ihr altes Muster.

  • Provokation anderer durch emotionale Überreaktionen 

Sobald Betroffene getriggert werden oder einen spontanen Einfall haben, reagieren sie voreilig. Ihr Verhalten ist dabei oft unangemessen. Sie mischen sich ungefragt in Gespräche ein und geben immer ihren Senf dazu. Das passiert häufig in Beziehungen, aber auch am Arbeitsplatz oder im Freundeskreis.

  • Erhöhte Unfallneigung

Betroffene nehmen ihre Unachtsamkeit als Tollpatschigkeit wahr. In mancherlei Hinsicht mag das für den einen oder anderen anfangs amüsant sein. Auf Dauer entstehen jedoch blaue Flecken und eine sehr eingeschränkte Lebensqualität. Nicht selten geben Betroffene anderen die Schuld für ihre Fahrlässigkeit mit sich selbst.

  • Verletzung von Regeln, Gesetzen, Vorschriften 

Durch ihr vorschnelles, unüberlegtes und fahrlässiges Handeln, überschreiten ADHS`ler häufig Grenzen. Sie können dann die Reaktionen ihres Umfeldes häufig nicht verstehen, da sie die Grenzen ihrer Mitmenschen in der Regel unbewusst überschreiten. Mitunter fällt es Ihnen schwer, sich in die Perspektive ihres Gegenübers hineinzuversetzen. Nicht selten nehmen sie die Reaktionen anderer deshalb persönlich. Die Folge: eine emotionale Überreaktion.

  • Vorschnelle Entscheidungen und unbedachtes Umsetzen von Ideen 

Betroffene sind oft euphorisch und überzeugt von einer Sache, für die sie sich begeistern. Sie handeln dadurch sehr spontan und sprunghaft. Nicht selten ändern sie dann im Nachhinein ihre Meinung, ohne andere darüber zu informieren und verhalten sich dann auch ganz anders. Als wären sie ausgetauscht. Ihrem Partner fällt es dann oft schwer, sich abzugrenzen oder mit der Gedankenachterbahn mitzuhalten. Bezeichnet wird die rasche Auffassungsgabe von ADHS`lern auch als Hyperfokus. Dieser kann sowohl ein Vorteil, als auch ein Nachteil sein. Insbesondere dann, wenn sich die Betroffenen in einen negativen Strudel „hineinfokussieren“.

Konflikte entstehen bei impulsiven ADHS`lern ganz schnell

Häufige Konflikte in Partnerschaften oder Freundschaften sind vorprogrammiert

Durch die Unfähigkeit, sich in die Perspektive seines Gegenübers hineinzuversetzen, entsteht schnell der Eindruck, dass der Betroffene empathielos sei. Sein Partner fühlt sich übergangen und unverstanden. Und er reagiert auch entsprechend. Da der ADHS`ler eigentlich keine schlechten Absichten hatte, erlebt er das selbst als Empathiemangel seines Gegenübers. So enden Gespräche häufig in gegenseitige Schuldzuweisungen.

Unterschiede zwischen Narzissmus und ADHS

Im Gegensatz zu ausgeprägten Narzissten zeigen ADHS´ler irgendwann Einsicht und entschuldigen sich für ihr Verhalten. Sie haben einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Allein deshalb meldet sich bei ihnen nach einem Wutausbruch das schlechte Gewissen und sie zeigen Reue. Dass das nicht immer ausreicht und ihr Gegenüber Zeit braucht, um ihr verhalten zu verarbeiten, fällt vielen ADHS-Betroffenen schwer. Grund dafür ist ihre Harmoniebedürftigkeit.

ADHS`ler gehen häufig sozialen Berufen nach. Anders als einem Narzissten, geht es ihnen überwiegend darum, anderen zu helfen. Gleichzeitig hilft die Arbeit einem ADHS´ler dabei, sich zu strukturieren und sozial verträgliches Verhalten zu lernen. Daraus ziehen Betroffene ihren Selbstwert. Sie erleben sich als wertvolles Mitglied der Gemeinschaft.

Die Suche nach Geltung und Bestätigung

Jeder Mensch möchte in gewisser Weise bedeutend sein und von anderen bestätigt werden. Das ist nichts, was nur auf ADHS`ler und Narzissten zutrifft.

Schon Sigmund Freud vertrat die These, dass menschliches Handeln nur 2 Motive hat:

  1. der Sexualtrieb und
  2. das Verlangen nach persönlicher Geltung (Bestätigung).

Narzissmus und das Streben nach Selbstwert

Jeder Mensch strebt nach Selbstwert und Erfüllung. Jeder Mensch verhält sich daher auch ein stückweit narzisstisch oder co-abhängig. Bei Menschen mit ADHS ist dieses Verhalten einfach nur stärker ausgeprägt. Da sie es aufgrund ihrer psychischen Auffälligkeit ohnehin schon sehr schwer haben, im Leben anzukommen, streben sie umso mehr nach Anerkennung und Bestätigung von außen. Und häufig wird dieser Wunsch danach damit verbunden, Recht zu bekommen. Deshalb können sie bei Meinungsverschiedenheiten nur sehr schwer nachgeben ohne beleidigt zu sein.

Alle Menschen haben den Wunsch, bestätigt zu werden.

ADHS und Hochsensibilität

Hochsensibilität oder auch Überempfindlichkeit bezeichnet ein Phänomen, bei dem Betroffene aufgrund ihrer hyperempfindlichen Wahrnehmung äußere Reize und Umwelteinflüsse stärker wahrnehmen als andere Menschen und entsprechend anders verarbeiten. Das bezieht sich nicht nur auf alle Sinneswahrnehmungen (Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Tasten), sondern eben auch auf das innere Erleben.

Hochsensiblen Menschen wird nachgesagt, dass sie sich besonders gut in andere hineinversetzen können. Da die Forschung hier aber noch in den Kinderschuhen steckt, ist diese Eigenschaft noch nicht von der Wissenschaft bestätigt.

Aufgrund ihrer mangelnden Abgrenzungsfähigkeit gegenüber den Gefühlen anderer, sehen sich viele hochsensible Persönlichkeiten als potentielles Opfer von Narzissten. Dass es sich nicht um einen Narzissten, sondern um einen ADHS`ler handelt, schließen sie dagegen häufig aus.

Das zeigt, wohin uns die Populärwissenschaft bringt. ADHS`ler werden oft als Narzissten abgestempelt, obwohl sie vermutlich nur leicht narzisstische Züge haben. Wie jeder „normale“ Mensch übrigens auch.

Eine Neurologische Besonderheit

Häufig überschneiden sich Merkmale von ADHS und Hochsensibilität. Sowohl ADHS`ler als auch hochsensible Personen sind sehr reizoffen und werden von ihren Emotionen und Gedanken überschwemmt. Beiden fällt es schwer, ihre Eindrücke zu verarbeiten. Beide wirken oft überfordert und ziehen sich gerne zurück, wenn ihnen alles zu viel wird.

Hochsensible Menschen und ADHS`ler ziehen sich gerne zurück

ADHS und Hochsensibilität schließen sich gegenseitig nicht aus. Ein Mensch kann von beiden psychischen Auffälligkeiten betroffen sein.

Jedoch lehnen es hochsensible Persönlichkeiten (die sich auch selbst als hochsensibel definieren) ab, sich als psychisch krank zu bezeichnen. Und das, obwohl eine Hochsensibilität aufgrund ihrer Merkmale das Risiko für die Erkrankung an einer psychischen Störung maßgeblich begünstigt. Während man einen ADHS`ler als Neurodiversen Typen bezeichnet, sagt jemand mit HSP, dass er eine einfach nur neurologische Besonderheit hat.

ADHS ist gut behandelbar, ein Narzisst lässt sich aber nicht behandeln

An dieser Stelle möchte ich noch einmal klar erwähnen, dass sich eine diagnostizierte ADHS gut behandeln lässt. Viele unbehandelte Probleme lösen sich schon nach den ersten Therapiesitzungen auf.

Richtig verschriebene Medikamente können die Sypmtome ebenfalls reduzieren, sodass Betroffene ihr Potential vollends ausschöpfen und gute Beziehungen führen können.

Ein ausgeprägter Narzisst würde sich jedoch nie behandeln lassen. Für ihn sind die anderen schuld. Für Ihn ist die Reaktion seines Umfeldes das Problem. Nicht sein Verhalten.

Fazit:

Ich habe diesen ausführlichen Artikel geschrieben, um aufzuzeigen, dass hinter vielen von der Norm abweichenden psychischen Auffälligkeiten und Verhaltensweisen auch eine ADHS liegen könnte. Diese psychische Störung begünstigt psychische Erkrankungen. Ist eine ADHS die Ursache für darauf aufbauende Probleme, gibt es nur eine Lösung: sie entsprechend behandeln zu lassen.

Wenn ein ADHS`ler beispielsweise stark narzisstische oder co-abhängige Verhaltensmuster aufweist und darunter leidet, kann er sein Leid mithilfe einer gezielten Behandlung der psychischen Auffälligkeit reduzieren. Vor allem für solche Personen ist es wichtig, sich selbst zuzuwenden.

© Daniel Brodersen

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