Persönlichkeitsstörungen allgemein und ihre Diagnose nach ICD-10

Persönlichkeitsstörungen sind eine Gruppe von psychischen Erkrankungen, die das Denken, Fühlen und Verhalten einer Person beeinflussen. Sie manifestieren sich in rigiden, starren und unflexiblen Mustern, die von der Norm abweichen und zu erheblichem Leid oder Beeinträchtigungen führen können.

Persönlichkeitsstörungen entwickeln sich nicht als Folge anderer psychischer Erkrankungen, obwohl diese ebenso diesen vorausgehen können oder gleichzeitig vorkommen können. Oft jedoch kommt es zu einer Eskalation der Symptome infolge von Extrembelastungen und Lebenskrisen. Persönlichkeitsstörungen gelten auch als Traumafolgestörungen. 

Der Ursprung dafür liegt oft im Kindes- oder Jugendalter. Die Diagnose von Persönlichkeitsstörungen basiert auf einem systematischen Ansatz, und das internationale diagnostische Klassifikationssystem ICD-10 bietet einen Rahmen zur Identifizierung und Klassifizierung dieser Störungen.

 

Persönlichkeitsstörungen allgemein

Persönlichkeitsstörungen vs. Persönlichkeitsakzentuierung

Persönlichkeitsstörungen, wie bereits erläutert, sind tief verwurzelt und weitgehend in sich stabilen Verhaltensmustern, Charaktereigenschaften und Ausprägungen, die sich in ihrem Wesen deutlich von der gesellschaftlichen „Norm“ unterscheiden. Bei weniger ausgeprägten Fällen spricht man auch von einem akzentuierten Persönlichkeitsstil oder Charakterzügen, die auffällig sind. Diese abweichenden Muster können sich in verschiedenen Lebensbereichen manifestieren und haben oft erhebliche Auswirkungen auf das individuelle Wohlbefinden und die sozialen Beziehungen.

Arten von Persönlichkeitsstörungen

Paranoide Persönlichkeitsstörung (F60.0)

Schizoide Persönlichkeitsstörung (F60.1)

Dissoziale Persönlichkeitsstörung (F60.2)

Emotionale (emotionell instabile) Persönlichkeitsstörung:

Impulsiver Typ (F60.3)

Borderline-Typ (F60.31)

Histrionische Persönlichkeitsstörung (F60.4)

Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung (F60.5)

Ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung (F60.6)

Abhängige Persönlichkeitsstörung (F60.7)

Sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen:

Passiv-aggressiv (negativistisch oder narzisstisch) (F60.8)

Selbstunsichere (selbstabwertende) Persönlichkeitsstörung (F60.9)

Nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung (F61)

Persönlichkeitsstörungen vs. Psychopathie

Die Begriffe „Psychopathie“ und „Persönlichkeitsstörung“ sind eng miteinander verbunden, aber sie sind nicht synonym und haben unterschiedliche Bedeutungen. Hier sind die Hauptunterschiede zwischen Psychopathie und Persönlichkeitsstörungen:

Natur der Störung: Psychopathie ist keine eigenständige diagnostische Kategorie im Diagnostischen und Statistischen Handbuch Psychischer Störungen (DSM-5) oder in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10). Stattdessen ist es ein Konzept, das im Zusammenhang mit Persönlichkeitsstörungen verwendet wird. Psychopathie gillt vielerorts als Persönlichkeitsmerkmal, genauso wie z.b. Hochsensibilität. 

Kernmerkmale: Psychopathie wird oft durch Merkmale wie emotionale Kälte, mangelnde Empathie, geringe Reaktion, manipulatives Verhalten und impulsives Verhalten charakterisiert. Personen mit Psychopathie zeigen oft ein tief verwurzeltes Muster antisozialen Verhaltens.

Kriminalität: Psychopathen haben eine höhere Neigung zu kriminellem Verhalten, darunter Gewalttaten. Sie können auch die Rechte anderer missachten und Schwierigkeiten haben, sich an soziale Normen zu halten. Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung dagegen sind psychisch krank, deswegen in der Regel 

Diagnose: Die Diagnose von Psychopathie erfolgt normalerweise nicht nach DSM-5 oder ICD-10, sondern speziell mithilfe psychologischer Bewertungsinstrumente wie der Hare Psychopathy Checklist.

 

Persönlichkeitsstörung vs. Empathie

Jede Persönlichkeitsstörung oder Persönlichkeitsakzentuierung zeichnet sich durch ausgeprägte Abweichungen in der Wahrnehmung, im Denken, im emotionalen Erleben und in der Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen aus.

Diese Abweichungen zeigen sich in mindestens einem der folgenden Bereiche: Kognition (Denken), Affektivität (Fühlen), Impulskontrolle und dem Umgang mit sozialen Beziehungen. Zusätzlich geht mit jeder Persönlichkeitsstörung eine veränderte Empathiefähigkeit und eine Schwierigkeit bei der Selbstreflexion einher. Menschen, die von einer Persönlichkeitsstörung betroffen sind, empfinden ihre eigenen Gedanken und Verhaltensmuster oft als „ich-synton“, was bedeutet, dass sie nicht notwendigerweise unter ihren Symptomen leiden, sondern eher unter den Reaktionen und Konflikten, die sie in ihrem sozialen Umfeld hervorrufen .